Reutlinger Landrat Dr. Ulrich Fiedler | Bildquelle: RTF.1

Landkreis Reutlingen:

Trotz Pandemie auch viele gute Dinge: Jahresrückblick mit Dr. Ulrich Fiedler

Stand: 09.01.22 22:25 Uhr

Im Reutlinger Landratsamt sitzt seit April Dr. Ulrich Fiedler. In seinem Landkreis ging es gerade am Ende des Jahres 2021 etwas turbulent zu: die Corona-Proteste bestimmten das Geschehen im Dezember. Doch neben der Pandemie und ihren Auswirkungen gibt es auch noch andere Themen, die das Landratsamt angeht. In einem Interview haben wir mit dem Landrat über das vergangene Jahr gesprochen.


Seit April hat Dr. Ulrich Fiedler den Posten des Reutlinger Landrats inne. Bisher habe er sich gut eingelebt, doch die Herausforderungen der Pandemie würden alles überlagern.

Für die Corona-Proteste in Reutlingen, die am Ende des Jahres 2021 die Schlagzeilen beherrschten, zeigt er Verständnis: in einem pluralen Staat dürfe man seine Meinung kundtun. Dass Gesellschaftsteile ihre Meinung immer aggressiver zum Ausdruck bringen würden, erschüttere ihn allerdings. Am Montag nach der Demo am 13. Dezember, fanden Mitarbeiter des Landratsamtes das Gebäude mit Hakenkreuzen beschmiert vor. "Das bedauere ich sehr, wenn es so weit führt, dass Gebäude der öffentlichen Verwaltung - und das war nicht nur hier beim Landratsamt sondern auch zuvor auch schon mal an anderen Gebäuden - beschmiert werden mit Symbolen einer Diktatur die wahrscheinlich eine der schlimmsten ist, die die Welt erlebt hat, dann erschüttert einen dieses", sagte Fiedler.

Die Corona-Demos führten auch zu neuen Regeln in der Innenstadt: So gibt es seit dem 13. Dezember zu bestimmten Zeiten eine Maskentragepflicht in Teilen der Innenstadt. Der Grund dafür sei der Gesundheitsschutz. Denn die Kliniken seien überaus überlastet, deshalb sei es wichtig, Abstand zu halten und die Hygieneregeln einzuhalten. "Wenn das nicht möglich ist und bewusst dagegen verstoßen wird und es Versammlungen mit mehreren hundert Menschen gibt, die bewusst keine Maske tragen, bewusst keinen Abstand halten, dann ist unsere Pflicht, dafür zu sorgen - auch im Interesse jeder Intensivpflegekraft, die seit Monaten am Limit ihrer Leistungsfähigkeit arbeitet und vieler anderer Berufsgruppen, die unglaublich leiden und unglaublich angespannt sind, dafür zu sorgen, dass der Gesundheitsschutz Priorität hat, und dazu sind eben auch solche Regelungen notwendig", so Fiedler.

Auch das Impfen sei notwendig, um das Gesundheitssystem zu entlasten. Das Landratsamt habe versucht, die dauerhafte Schließung des Kreisimpfzentrums an der Kreuzeiche zu verhindern. Leider sei dies nicht gelungen. "Zwischenzeitlich haben wir aber Strukturen aufgebaut in dieser 4. Welle, die es uns ermöglichen, deutlich mehr Impfdosen zu verimpfen, als es uns zu den besten Zeiten des Kreisimpfzentrums der Fall war, die Strukturen dazu noch dezentral, also bürgernäher als es der Fall war", sagte Fiedler.

Die finanzielle Situation des Landkreises sei indes nicht so schlimm wie ursprünglich befürchtet. Bei den Kreiskliniken zeigten sich allerdings massive Defizite. Wegen Corona mussten elektive Operationen verschoben werden, was sich auf die finanzielle Lage auswirkt. Außerdem seien sie durch Bund und Land strukturell unterfinanziert.

Die Haushaltslage für 2022 ist ebenfalls nicht ganz so düster wie prognostiziert und sieht zahlreiche Investitionen vor. Die größte Investition sei der Neubau des Landratsamtes, der gleichzeitig auch das größte Klimaschutzprojekt des Landkreises sei. "Weil wir derzeit bei über 25 dezentral verteilten Liegenschaften, die zum Teil energetisch sich in sehr schlechtem Zustand befinden, keine gute Energiebilanz in unserer Verwaltung nachweisen. Wir haben das Ziel, deutlich früher als 2040 klimaneutral zu sein, und da gehen wir mit dem Neubau einen großen Schritt in diese Richtung, weil er extrem gute Umweltstandards erfüllen wird", bekräftigte Fiedler. In dieser Hinsicht werde der Neubau ein Leuchtturmgebäude sein, so Fiedler. Aber das neue Gebäude soll nicht nur für das Klima gut sein, sondern auch für die Bürger. Denn dort soll es digitaler und serviceorientierter zugehen.

Auch mit der Regionalstadtbahn gehe es Schritt für Schritt voran. Derzeit befinde man sich im Modul 1. "Die Elektrifizierung der Ermstalbahn schreitet fort, so dass wir da sehr bald den Halbstundentakt realisieren können und eine Elektrifizierung der Strecke vorweisen können, und das ist natürlich auch ein Riesenbeitrag zum Klimaschutz in vielerlei Hinsicht: Erstens kann die Bahn mit Strom fahren, und das ist ein riesiger ökologischer Vorteil, wenn der richtige Strom eingesetzt wird. Und durch die höhere Taktung gehen wir davon aus, dass mehr Menschen auf die Schiene kommen", sagte Fiedler.

Und trotz der Pandemie, die den Landkreis auch 2021 fest im Griff hatte, möchte der Landrat dennoch betonen: Viele Dinge seien auch gut gelaufen: "Wir haben z.B. im Bereich der Kultur den Kultursommer erleben dürfen in diesem Jahr, wo Gott sei Dank einiges in Begegnung möglich war, wo wir als Landkreis auch versuchen zu unterstützen und zu vernetzen."

Und für das Jahr 2022 wünsche er sich, dass möglichst viele Menschen sich impfen lassen. Denn das biete die Gewähr, dass die Gesellschaft so viel wie möglich an Freiheit zurückgewinne.

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