Tafeln der Ausstellung Zwangsarbeit | Bildquelle: RTF.1

Tübingen:

Zwangsarbeit: Ausstellung in Eberhardskirche berichtet von Alltag und Schicksalen

Stand: 07.11.21 15:07 Uhr

Zwangsarbeit war während des Zweiten Weltkriegs in Deutschland allgegenwärtig. Auch in Tübingen arbeiteten mindestens 1.600 ausländische Zwangsarbeiter und Kriegsgefangene - unter anderem für die Reichsbahn und die Universität. Um daran zu erinnern und darüber zu informieren, hat der Verein Lern- und Dokumentationszentrum zum Nationalsozialismus eine Wanderausstellung in der Eberhardskirche Tübingen auf die Beine gestellt, die gestern eröffnet wurde.


Neun Tafeln erzählen vom Leiden, aber auch vom ganz gewöhnlichen Alltag der Zwangsarbeiter. In Tübingen waren sie allgegenwärtig. Immerhin 12 % der damaligen Wohnbevölkerung waren Zwangsarbeiter – untergebracht über die ganze Stadt verteilt in bewachten Lagern, Behelfsbaracken oder direkt an den Einsatzorten. Und das waren vor allem der Güterbahnhof, aber auch die Universität. Dort hatte es sogar ein französischer Zwangsarbeiter bis zum Dozenten gebracht. Ansonsten arbeiteten überwiegend Frauen an der Uni als Reinigungskräfte und in der Küche.

Als der Krieg dann vorbei war, sind einige Zwangsarbeiter sogar freiwillig in Tübingen geblieben. Zum Beispiel seien Franzosen da geblieben, sagte Harald Karsten, Vorstandsmitglied. Sie hätten sich eine bessere Situation erhofft. Auch Polen seien da geblieben „Da fing das schon an mit der Situation, dass die natürlich dann darauf spekuliert haben – jetzt war ich hier, und hier habe ich eine bessere Chance als jetzt in meinem Heimatland", so Karsten.

Auch der Erinnerung und der Aufarbeitung nach dem Krieg ist eine Tafel gewidmet. Der Tübinger Gemeinderat beschloss, den Zwangsarbeitern 5.000 D-Mark Entschädigung zu zahlen. „Dann hat man gesagt: OK, also ein bisschen was können wir jetzt... Sie haben nichts vom Bund gekriegt, sie haben nichts vom Land gekriegt, ein bisschen können wir jetzt mal was tun, auch wenn es nur eine Geste ist", so Harald Karsten.

Die Ausstellung, die schon einmal im Tübinger Stadtmuseum zu sehen war, befindet sich jetzt in der Eberhardskirche. Für den dortigen Pfarrer Christoph Wiborg ein wichtiges Zeichen, „Weil die Kirchen gerade in der NS-Zeit, vor allem die evangelische Kirche, ziemlich führerkonform eigentlich gewesen ist und sehr bereitwillig dabei war, Nationalsozialisten in ihrer Ideologie auch noch religiös zu stützen und dem beizustehen", sagte Wiborg.

Wer mehr über die NS-Zwangsarbeiter erfahren möchte, hat jetzt zwei Wochen lang dazu die Gelegenheit. Bis zum 21. November ist die Ausstellung zu den Öffnungszeiten der Eberhardskirche zu besichtigen.

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