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Deutschland:

Geändertes Infektionsschutzgesetz im Wortlaut: Bundesregierung legt Entwurf vor

Stand: 13.04.21 14:55 Uhr

Die Bundsregierung hat den Entwurf für die Novellierung des Infektionsschutzgesetzes vorgelegt. Damit entzieht die Bundesregierung den Bundesländern deren bisherige gesetzgeberischen Kompetenzen. Lesen Sie hier den aktuellen Entwurf der Bundesregierung im Wortlaut:

Der Gesetzentwurf nebst Begleitschreiben wurde zuerst in einem Artikel von Welt.de veröffentlicht. Dem Gesetzentwurf muss zunächst der Bundestag zustimmen. Anschließend könnte der Bundesrat dem Gesetz widersprechen. Im Falle eine Widerspruchs des Bundesrates könnte der Bundestag den Widerspruch anschließend überstimmen, und das Gesetz damit auf den Weg bringen. Abschließend müsste der Bundespräsident das Gesetz noch unterzeichnen.

Untenstehend lesen Sie folgende Dokumente im Wortlaut.

 

Im Entwurf (Stand: 13.04.2021) zur vierten Änderung des Infektionsschutzgesetzes heißt es:

 



Schreiben der Bundesminister Jens Spahn und Horst Seehofer:



 

Entwurf eines Vierten Gesetzes zum Schutz der Bevölkerung bei einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite Anlagen:

Anliegender Entwurf eines Vierten Gesetzes zum Schutz der Bevölkerung bei einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite mit Beschlussvorschlag sowie einen Sprechzettel für den Regierungssprecher übersenden wir mit der Bitte, die Beschlussfassung der Bundesregierung als ordentlichen Tagesordnungspunkt in der Kabinettsitzung am 13. April 2021 herbeizuführen.

Der Gesetzesentwurf dient der Fortentwicklung durch die bisherigen Bevölkerungsschutzgesetze eingeführten pandemiebedingten Regelungen. Die Ausbreitung des Coronavirus SARS-CoV-2 hat seit Beginn des Jahres 2021 durch das Auftreten von eigenschaftsveränderten, ansteckenderen Virusvarianten, insbesondere der inzwischen in Deutschland mehrheitlich für das Infektionsgeschehen verantwortlichen Variante B.1.1.7, zusätzlich an Dynamik gewonnen. Trotz der bereits durchgeführten Impfungen bei hochbetagten und besonders vulnerablen Bevölkerungs // gruppen hat sich in den letzten Wochen eine erhebliche Zunahme der Belastung im Gesundheitssystem ergeben. Um der staatlichen Schutzpflicht für Leben und Gesundheit zu entsprechen und die Funktionsfähigkeit des Gesundheitssystems als überragend wichtigem Gemeingut und damit die bestmögliche Krankenversorgung weiterhin sicherzustellen, ist es erforderlich, eine bundesgesetzliche Grundlage zu schaffen, um sicherzustellen, dass bei einem intensiven Infektionsgeschehen hinreichend weitgehende Schutzmaßnahmen ergriffen werden, um den R-Wert verlässlich unter 1 zu senken und damit eine Abschwächung des Infektionsgeschehens zu erreichen.

Es wird daher eine bundesweit verbindliche „Notbremse" ab einer Sieben-Tage-Inzidenz von 100, bezogen auf den jeweiligen Landkreis bzw. die kreisfreie Stadt, eingeführt. Überschreitet in einem Landkreis oder einer kreisfreien Stadt an drei aufeinander folgenden Tagen die Anzahl der Neuinfektionen mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 je 100 000 Einwohnern innerhalb von sieben Tagen den Schwellenwert von 100, so gelten dort ab dem übernächsten Tag zusätzliche verhältnismäßige Schutzmaßnahmen. Sofern Schutzmaßnahmen eines Landes strenger sein sollten als der Katalog des § 28b IfSG n. F., so gelten diese fort. Sinkt in dem entsprechenden Landkreis oder der kreisfreien Stadt die 7-Tages-Inzidenz unter den Wert von 100 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner an fünf aufeinanderfolgenden Tagen, so treten dort ab dem übernächsten Tag die vorgesehenen Schutzmaßnahmen wieder außer Kraft.

Zudem wird die Bundesregierung ermächtigt, Schutzmaßnahmen gegen die Verbreitung des Coronavirus SARS-CoV-2 mit Zustimmung des Bundesrates und des Deutschen Bundestages zu erlassen. Es können besondere Regelungen für Personen vorgesehen werden, bei denen aufgrund einer Immunisierung oder eines Testergebnisses hinsichtlich des Nichtvorliegens einer Infektion mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 mit hoher Wahrscheinlichkeit davon ausgegangen werden kann, dass sie als Überträger des Coronavirus SARS-CoV-2 nicht mehr in Frage kommen.

Die vorgenannten Regelungen sollen nur solange gelten, wie der Deutsche Bundestag eine epidemische Lage von nationaler Tragweite nach § 5 des Infektionsschutzgesetzes festgestellt hat.

Das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz hat die Rechtsprüfung vorgenommen.

Die Bundesministerien der Finanzen, für Wirtschaft und Energie, der Justiz und für Verbraucherschutz, für Arbeit und Soziales, der Verteidigung, für Familie, Senioren, Frauen und Jugend sowie für Verkehr und digitale Infrastruktur wurden beteiligt und haben zugestimmt. Die übrigen Bundesministerien wurden beteiligt und haben keine Einwände erhoben. //

Der Gesetzentwurf bedarf nicht der Zustimmung des Bundesrates. Auswirkungen des Gesetzes auf die Preise und das Preisniveau sind nicht absehbar.

Die Anforderungen nach 44 GGO sind erfüllt.

Jens Spahn Horst Seehofer

 

 



Anlage 1 Beschlussvorschlag

 



 

Beschlussvorschlag

Die Bundesregierung beschließt den vom Bundesminister für Gesundheit und vom Bundesminister des Innern, für Bau und Heimat vorgelegten Entwurf eines Vierten Gesetzes zum Schutz der Bevölkerung bei einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite.

 

 



Anlage 2 Sprechzettel für den Regierungssprecher 



 

Sprechzettel für den Regierungssprecher

Das Bundeskabinett hat heute den Entwurf eines Vierten Gesetzes zum Schutz der Bevölkerung bei einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite beschlossen.

Der Gesetzesentwurf bedarf nicht der Zustimmung des Bundesrates.

 



Formulierungshilfe der Bundesregierung für die Fraktionen der CDU/CSU und der SPD:



Formulierungshilfe der Bundesregierung für die Fraktionen der CDU/CSU und der SPD

Entwurf eines Vierten Gesetzes zum Schutz der Bevölkerung bei einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite

A. Problem und Ziel

Die Ausbreitung des Coronavirus SARS-CoV-2 hat seit Beginn des Jahres 2021 durch das Auftreten von eigenschaftsveränderten, ansteckenderen Virusvarianten, insbesondere der inzwischen in Deutschland mehrheitlich für das Infektionsgeschehen verantwortlichen Variante B.1.1.7, zusätzlich an Dynamik gewonnen. Trotz der bereits durchgeführten Impfungen bei hochbetagten und besonders vulnerablen Bevölkerungsgruppen hat sich in den letzten Wochen eine erhebliche Zunahme der Belastung im Gesundheitssystem ergeben. Um der staatlichen Schutzpflicht für Leben und Gesundheit zu entsprechen und die Funktionsfähigkeit des Gesundheitssystems als überragend wichtigem Gemeingut und damit die bestmögliche Krankenversorgung weiterhin sicherzustellen, ist es erforderlich, eine bundesgesetzliche Grundlage zu schaffen, um sicherzustellen, dass bei einem hohen Infektionsgeschehen hinreichend weitgehende Maßnahmen ergriffen werden, um den RWert verlässlich unter 1 zu senken und damit eine Abschwächung des Infektionsgeschehens zu erreichen. Deshalb sind Maßnahmen nach bundeseinheitlichen Standards erforderlich, die in einem Landkreis oder einer kreisfreien Stadt dann greifen, wenn die besonderen Maßnahmen ab einer Sieben-Tage-Inzidenz von 50 pro 100.000 Einwohner nicht hinreichend wirksam waren, um eine Verdopplung der Inzidenz auf 100 zu verhindern.

B. Lösung

Der Gesetzentwurf schließt zwei wesentliche Lücken im geltenden Infektionsschutzgesetz: Es wird eine bundesweit verbindliche Notbremse ab einer Sieben-Tage-Inzidenz von 100 eingeführt. Überschreitet in einem Landkreis oder einer kreisfreien Stadt an drei aufeinander folgenden Tagen die Anzahl der Neuinfektionen mit dem Coronavirus SARSCoV-2 je 100 000 Einwohnern innerhalb von sieben Tagen den Schwellenwert von 100, so gelten dort ab dem übernächsten Tag zusätzliche verhältnismäßige Maßnahmen. Sofern Maßnahmen in einem Land strenger sind als der Katalog des § 28b, so gelten diese fort. Sinkt in dem entsprechenden Landkreis oder der kreisfreien Stadt die 7-Tages-Inzidenz unter den Wert von 100 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner an fünf aufeinanderfolgenden Werktagen, so tritt dort ab dem übernächsten Tag die Notbremse außer Kraft.

Zudem wird die Bundesregierung ermächtigt, zur einheitlichen Festsetzung von CoronaMaßnahmen Rechtsverordnungen mit Zustimmung des Bundesrates zu erlassen. Die Rechtsverordnungen sind an die Überschreitung einer Inzidenz von 100 geknüpft. Damit werden dem Bund zusätzlich weitere Handlungsmöglichkeiten gegeben, um eine bundesweit einheitliche Steuerung des Infektionsschutzes zu gewährleisten.

Ebenso wie § 28a IfSG gelten auch § 28b und die auf ihm fußenden Maßnahmen und Vorschriften nur für die Dauer der Feststellung einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite nach § 5 Absatz 1 Satz 1 IfSG durch den Deutschen Bundestag.

C. Alternativen

Keine.

 

 



Gesetzesentwurf:



 

 

Formulierungshilfe der Bundesregierung für die Fraktionen der CDU/CSU und der SPD

Entwurf eines Vierten Gesetzes zum Schutz der Bevölkerung bei einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite vom ... Der Bundestag hat das folgende Gesetz beschlossen:

Artikel 1

Das Infektionsschutzgesetz vom 20. Juli 2000 (BGBl. I S. 1045), das zuletzt durch Artikel 1 des Gesetzes vom 29. März 2021 (BGBl. I S. 370) geändert worden ist, wird wie folgt geändert:

1. In der Inhaltsübersicht wird nach der Angabe zu § 28a die folgende Angabe eingefügt: „§ 28b Bundesweit einheitliche Schutzmaßnahmen zur Verhinderung der Verbreitung der Coronavirus-Krankheit-2019 (COVID-19) bei besonderem Infektionsgeschehen, Verordnungsermächtigung"

2. Nach § 28a wird folgender § 28b eingefügt:

„§ 28b Bundesweit einheitliche Schutzmaßnahmen zur Verhinderung der Verbreitung der Coronavirus-Krankheit-2019 (COVID-19) bei besonderem Infektionsgeschehen, Verordnungsermächtigung

(1) Überschreitet in einem Landkreis oder einer kreisfreien Stadt an drei aufeinander folgenden Tagen die nach § 28a Absatz 3 Satz 13 durch das Robert Koch-Institut veröffentlichte Anzahl der Neuinfektionen mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 je 100 000 Einwohner innerhalb von sieben Tagen (Sieben-Tage-Inzidenz) den Schwellenwert von 100, so gelten dort ab dem übernächsten Tag die folgenden Maßnahmen:

1. Private Zusammenkünfte im öffentlichen oder privaten Raum sind nur gestattet, wenn an ihnen höchstens die Angehörigen eines Haushalts und eine weitere Person einschließlich der zu ihrem Haushalt gehörenden Kinder bis zur Vollendung des 14. Lebensjahres teilnehmen; Zusammenkünfte, die ausschließlich zwischen den Angehörigen desselben Haushalts, ausschließlich zwischen Ehe- oder Lebenspartnerinnen und -partnern, oder ausschließlich in Wahrnehmung eines Sorgeoder Umgangsrechts oder im Rahmen von Veranstaltungen bis 15 Personen bei Todesfällen stattfinden, bleiben unberührt.

2. Der Aufenthalt von Personen außerhalb einer Wohnung oder einer Unterkunft und dem jeweils dazugehörigen befriedeten Besitztum ist von 21 Uhr bis 5 Uhr des Folgetags untersagt; dies gilt nicht für Aufenthalte, die folgenden Zwecken dienen:

a. der Abwendung einer Gefahr für Leib, Leben oder Eigentum, insbesondere eines medizinischen oder veterinärmedizinischen Notfalls oder anderer medizinisch unaufschiebbarer Behandlungen,

b. der Berufsausübung im Sinne des Artikel 12 Absatz 1 des Grundgesetzes, soweit diese nicht gesondert eingeschränkt ist, der Ausübung des Dienstes oder - 4 - des Mandats, der Berichterstattung durch Vertreterinnen und Vertreter von Presse, Rundfunk, Film und anderer Medien,

c. der Wahrnehmung des Sorge- oder Umgangsrechts,

d. der unaufschiebbaren Betreuung unterstützungsbedürftiger Personen oder Minderjähriger oder der Begleitung Sterbender,

e. der Versorgung von Tieren oder

f. von ähnlich gewichtigen und unabweisbaren Gründen.

3. Die Öffnung von Freizeiteinrichtungen wie insbesondere Freizeitparks, Indoorspielplätzen, von Einrichtungen wie Badeanstalten, Spaßbädern, Hotelschwimmbädern, Thermen und Wellnesszentren sowie Saunen, von Einrichtungen wie insbesondere Diskotheken, Clubs, Spielhallen, Spielbanken, Wettannahmestellen, Prostitutionsstätten und Bordellbetrieben, sowie gewerbliche Freizeitaktivitäten, Stadt-, Gäste- und Naturführungen aller Art, von Seilbahnen, der Fluss- und Seenschifffahrt im Ausflugsverkehr, von touristischen Bahn- und Busverkehren und Flusskreuzfahrten, sind untersagt.

4. Die Öffnung von Ladengeschäften und Märkten mit Kundenverkehr für Handelsangebote ist untersagt, wobei der Lebensmittelhandel einschließlich der Direktvermarktung, ebenso Getränkemärkte, Reformhäuser, Babyfachmärkte, Apotheken, Sanitätshäuser, Drogerien, Optiker, Hörgeräteakustiker, Tankstellen, Stellen des Zeitungsverkaufs, Buchhandlungen, Blumenfachgeschäfte, Tierbedarfsmärkte, Futtermittelmärkte und Gartenmärkte mit den Maßgaben ausgenommen sind, dass

a. der Verkauf von Waren, die über das übliche Sortiment des jeweiligen Geschäfts hinausgehen, untersagt ist,

b. für die ersten achthundert Quadratmeter Gesamtverkaufsfläche eine Begrenzung von einer Kundin oder einem Kunden je 20 Quadratmeter Verkaufsfläche und oberhalb einer Gesamtverkaufsfläche von achthundert Quadratmetern eine Begrenzung von einer Kundin oder einem Kunden je 40 Quadratmeter Verkaufsfläche eingehalten wird, wobei es den Kundinnen und Kunden unter Berücksichtigung der konkreten Raumverhältnisse grundsätzlich möglich sein muss, beständig einen Abstand von mindestens 1,5 Metern zueinander einzuhalten und

c. in geschlossenen Räumen von jeder Kundin und jedem Kunden jeweils eine Atemschutzmaske (FFP2 oder vergleichbar) oder eine medizinische Atemschutzmaske zu tragen ist.

5. Die Öffnung von Einrichtungen wie Theatern, Opern, Konzerthäusern, Bühnen, Musikclubs, Kinos mit Ausnahme von Autokinos, Museen, Ausstellungen, Gedenkstätten sowie zoologische und botanische Gärten sowie entsprechende Veranstaltungen sind untersagt.

6. Die Ausübung von Sport ist nur zulässig in Form von kontaktloser Ausübung von Individualsportarten, die allein, zu zweit oder mit den Angehörigen des eigenen Hausstands ausgeübt werden sowie bei Ausübung von Individual- und Mannschaftssportarten im Rahmen des Wettkampf- und Trainingsbetriebs der Berufssportler und der Leistungssportler der Bundes- und Landeskader, wenn

a die Anwesenheit von Zuschauern ausgeschlossen ist,

b nur Personen Zutritt zur Sportstätte erhalten, die für den Wettkampf- oder Trainingsbetrieb oder die mediale Berichterstattung erforderlich sind, und c angemessene Schutz- und Hygienekonzepte eingehalten werden.

7. Die Öffnung von Gaststätten im Sinne des Gaststättengesetzes ist untersagt; dies gilt auch für Speiselokale und Betriebe, in denen Speisen zum Verzehr an Ort und Stelle abgegeben werden; von der Untersagung sind ausgenommen:

a. Speisesäle in medizinischen oder pflegerischen Einrichtungen oder Einrichtungen der Betreuung,

b. gastronomische Angebote in Beherbergungsbetrieben, die ausschließlich der Bewirtung der zulässig beherbergten Personen dienen,

c. Angebote, die für die Versorgung obdachloser Menschen erforderlich sind,

d. die Bewirtung von Fernbusfahrerinnen und Fernbusfahrern sowie Fernfahrerinnen und Fernfahrern, die beruflich bedingt Waren oder Güter auf der Straße befördern und dies jeweils durch eine Arbeitgeberbescheinigung nachweisen können,

e. nicht-öffentliche Personalrestaurants und nicht-öffentliche Kantinen, wenn deren Betrieb zur Aufrechterhaltung der Arbeitsabläufe beziehungsweise dem Betrieb der jeweiligen Einrichtung zwingend erforderlich ist, insbesondere wenn eine individuelle Speiseneinnahme nicht in getrennten Räumen möglich ist; ausgenommen von der Untersagung sind ferner die Auslieferung von Speisen und Getränken sowie deren Abverkauf zum Mitnehmen; erworbene Speisen und Getränke zum Mitnehmen dürfen nicht am Ort des Erwerbs oder in seiner näheren Umgebung verzehrt werden; der Abverkauf zum Mitnehmen ist zwischen 21 Uhr und 5 Uhr untersagt; die Auslieferung von Speisen und Getränken bleibt zulässig."

8. Die Ausübung und Inanspruchnahme von Dienstleistungen, bei denen eine körperliche Nähe zum Kunden unabdingbar ist, ist untersagt, wobei Dienstleistungen, die medizinischen, therapeutischen, pflegerischen oder seelsorgerischen Zwecken dienen sowie Friseurbetriebe jeweils mit der Maßgabe ausgenommen sind, dass von den Beteiligten unbeschadet der arbeitsschutzrechtlichen Bestimmungen und soweit die Art der Leistung es zulässt Atemschutzmasken (FFP2 oder vergleichbar) zu tragen sind; vor der Wahrnehmung von Dienstleistungen eines Friseurbetriebs ist durch die Kundin oder den Kunden ein negatives Ergebnis einer innerhalb von 24 Stunden vor Inanspruchnahme der Dienstleistung mittels eines anerkannten Tests durchgeführte Testung auf eine Infektion mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 vorzulegen.

9. Bei der Beförderung von Personen im öffentlichen Personennah- und Fernverkehr einschließlich der entgeltlichen oder geschäftsmäßigen Beförderung von Personen mit Kraftfahrzeugen samt Taxen und Schülerbeförderung besteht für Fahrgäste sowie für das Kontroll- und Servicepersonal, soweit es in Kontakt mit Fahrgästen kommt, sowohl während der Beförderung als auch während des Aufenthalts in einer zu dem jeweiligen Verkehr gehörenden Einrichtung die Pflicht zum Tragen einer Atemschutzmaske (FFP2 oder vergleichbar); eine Höchstbesetzung der jeweiligen Verkehrsmittel mit der Hälfte der regulär zulässigen Fahrgastzahlen ist anzustreben.

10. Die Zurverfügungstellung von Übernachtungsangeboten zu touristischen Zwecken ist untersagt.

(2) Unterschreitet in einem Landkreis oder einer kreisfreien Stadt ab dem Tag nach dem Eintreten der Maßnahmen des Absatzes 1 an fünf aufeinander folgenden Werktagen die - 6 - Sieben-Tage-Inzidenz den Schwellenwert von 100, so treten an dem übernächsten Tag die Maßnahmen des Absatzes 1 außer Kraft.

(3) Schülerinnen und Schüler sowie das Lehrpersonal an allgemeinbildenden Schulen und Berufsschulen sind bei Teilnahme am Präsenzunterricht zweimal in der Woche mittels eines anerkannten Tests auf eine Infektion mit Coronavirus SARS-CoV-2 zu testen. Überschreitet in einem Landkreis oder einer kreisfreien Stadt an drei aufeinander folgenden Tagen die Sieben-Tage-Inzidenz den Schwellenwert von 200, so ist ab dem übernächsten Tag für Schulen, Berufsschulen, Hochschulen, außerschulische Einrichtungen der Erwachsenenbildung und ähnliche Einrichtungen die Durchführung von Präsenzunterricht untersagt. Die nach Landesrecht zuständigen Stellen können nach von ihnen festgelegten Kriterien eine Notbetreuung einrichten. Für Einrichtungen nach § 33 Nummer 1 und 2 gelten Satz 2 und Satz 3 entsprechend. Für das Außerkrafttreten dieser Maßnahmen gilt Absatz 2 mit der Maßgabe entsprechend, dass der relevante Schwellenwert bei 200 liegt. Abschlussklassen und Förderschulen können von der Untersagung nach Satz 2 ausgenommen werden.

(4) Weitergehende Schutzmaßnahmen auf Grundlage dieses Gesetzes bleiben unberührt.

(5) Versammlungen im Sinne des Artikels 8 des Grundgesetzes sowie Zusammenkünfte, die der Religionsausübung im Sinne des Artikels 4 des Grundgesetzes dienen, unterfallen nicht den Beschränkungen nach Absatz 1.

(6) Die Bundesregierung wird ermächtigt, durch Rechtsverordnungen für Fälle, in denen die Sieben-Tage-Inzidenz den Schwellenwert von 100 überschreitet, Gebote und Verbote nach § 28 Absatz 1 Satz 1 und 2 und § 28a Absatz 1 zur Bekämpfung von Krankheiten, die durch das Coronavirus SARS-CoV-2 verursacht werden, zu erlassen. Solche Rechtsverordnungen können insbesondere weitergehende Vorschriften und Maßnahmen des Infektionsschutzes, Präzisierungen, Erleichterungen oder Ausnahmen vorsehen sowie besondere Regelungen für Personen, bei denen von einer Immunisierung gegen das Coronavirus SARS-CoV-2 auszugehen ist oder die ein negatives Ergebnis eines Tests auf eine Infektion mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 vorlegen können. Rechtsverordnungen der Bundesregierung nach Satz 1 bedürfen der Zustimmung von Bundestag und Bundesrat. Die Zustimmung des Bundestags gilt als erteilt, wenn der Bundestag nicht binnen sieben Tagen nach Eingang der Vorlage der Bundesregierung die Zustimmung verweigert hat.

(7) Das Land Berlin und die Freie und Hansestadt Hamburg gelten als kreisfreie Städte im Sinne dieser Vorschrift. Für anerkannte Tests im Sinne dieser Vorschrift werden nähere Anforderungen vom Robert Koch-Institut im Internet unter der Adresse https://www.rki.de/covid-19-tests veröffentlicht.

(8) Diese Vorschrift gilt nur für die Dauer der Feststellung einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite nach § 5 Absatz 1 Satz 1 durch den Deutschen Bundestag. Dies gilt auch für Rechtsverordnungen nach Absatz 6.

(9) Die Grundrechte der körperlichen Unversehrtheit (Artikel 2 Absatz 2 Satz 1 des Grundgesetzes), der Freiheit der Person (Artikel 2 Absatz 2 Satz 2 des Grundgesetzes), der Freizügigkeit (Artikel 11 Absatz 1 des Grundgesetzes) und der Unverletzlichkeit der Wohnung (Artikel 13 Absatz 1 des Grundgesetzes) werden eingeschränkt und können auch durch Rechtsverordnungen nach Absatz 6 eingeschränkt werden." 3. In § 32 Satz 3 werden nach den Wörtern „Die Grundrechte" die Wörter „der körperlichen Unversehrtheit (Artikel 2 Absatz 2 Satz 1 des Grundgesetzes)," und ein Komma eingefügt. - 7 - 4. In § 73 Absatz 1a werden nach Nummer 11a die folgenden Nummern 11b bis 11k eingefügt: „11b. entgegen § 28b Absatz 1 Nummer 1 an einer Zusammenkunft teilnimmt, 11c. entgegen § 28b Absatz 1 Nummer 2 sich außerhalb einer Wohnung aufhält, 11d. entgegen § 28b Absatz 1 Nummer 3 eine dort genannte Einrichtung öffnet, 11e. entgegen § 28b Absatz 1 Nummer 4 ein Ladengeschäft oder einen Markt öffnet, 11f. entgegen § 28b Absatz 1 Nummer 5 eine dort genannte Einrichtung öffnet oder eine Veranstaltung durchführt, 11g. entgegen § 28b Absatz 1 Nummer 6 Sport ausübt, 11h. entgegen § 28b Absatz 1 Nummer 7 eine Gaststätte öffnet oder Speisen oder ein Getränk vor Ort verzehrt, 11i. entgegen § 28b Absatz 1 Nummer 8 oder 9 erster Halbsatz eine dort genannte Gesichtsmaske nicht trägt, 11j. entgegen § 28b Absatz 1 Nummer 10 ein Übernachtungsangebot zur Verfügung stellt, 11k. entgegen § 28b Absatz 3 Satz 2 Präsenzunterricht durchführt," 5. In § 73 Absatz 1a Nummer 24 wird nach den Wörtern „§ 23 Absatz 8 Satz 1 oder 2" ein Komma und werden die Wörter „§ 28b Absatz 6 Satz 1" eingefügt.

Artikel 2

Änderung des Dritten Buches Sozialgesetzbuch

In § 421d Absatz 3 Satz 1 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch – Arbeitsförderung – (Artikel 1 des Gesetzes vom 24. März 1997, BGBl. I S. 594, 595), das zuletzt durch Artikel 6 des Gesetzes vom 18. Januar 2021 (BGBl. I S. 2) geändert worden ist, wird die Angabe „20" durch „30", die Angabe „40" durch „60", die Angabe „45" durch „65" und die Angabe „90" durch „130" ersetzt.

Artikel 3

Änderung des Fünften Buches Sozialgesetzbuch

§ 45 Absatz 2a des Fünften Buches Sozialgesetzbuch – Gesetzliche Krankenversicherung – (Artikel 1 des Gesetzes vom 20. Dezember 1988, BGBl. I S. 2477, 2482), das zuletzt - 8 - durch Artikel 8 des Gesetzes vom 18. Januar 2021 (BGBl. I S. 2) geändert worden ist, wird wie folgt geändert:

1. In Satz 1 wird die Angabe „20" durch die Angabe „30" und die Angabe „40" durch die Angabe „60" ersetzt.

2. In Satz 2 wird die Angabe „45" durch die Angabe „65" und die Angabe „90" durch die Angabe „130" ersetzt. Artikel 4 Inkrafttreten (1) Artikel 3 tritt mit Wirkung vom 18. Januar 2021 in Kraft.

(2) Im Übrigen tritt dieses Gesetz am Tag nach der Verkündung in Kraft.

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Begründung des Gesetzentwurfs:

 



 

Begründung

A. Allgemeiner Teil

I. Zielsetzung und Notwendigkeit der Regelungen

Am 11. März 2020 wurde die Ausbreitung des Coronavirus SARS-CoV-2 von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) zur Pandemie erklärt. Die weltweite epidemiologische Situation im Hinblick auf die Ausbreitung von Infektionen mit dem Coronavirus SARS-CoV2 entwickelt sich weiterhin sehr dynamisch. Verschiedene neue Virusvarianten (Mutationen) mit ernst zu nehmenden Veränderungen in den Viruseigenschaften verbreiten sich rapide. Virusvarianten sind infektiöser und tödlicher. Durch die Verbreitung der Virusvarianten ist auch der Impferfolg gefährdet, da es möglicherweise zur Reinfektion der Geimpften kommen kann. Das Coronavirus SARS-CoV-2 ist bislang noch nicht vollständig wissenschaftlich durchdrungen.

Die aktuelle infektionsepidemiologische Lage der COVID-19-Pandemie in Deutschland ist besorgniserregend. Fast alle infektionsepidemiologischen Indikatoren deuten auf eine nachteilige Entwicklung hin: die Sieben-Tage-Inzidenz für ganz Deutschland steigt schnell und liegt bereits bei über 136/100.000 Einwohner (Stand: 12. April 2021). Es handelt sich nicht um ein regional begrenztes Geschehen. Die Anzahl der Landkreise mit einer SiebenTage-Inzidenz über 100/100.000 nimmt deutlich zu. Nach einem Rückgang zu Beginn des ersten Quartals 2021 steigen die COVID-19-Fallzahlen in allen Altersgruppen wieder an. Wegen der Osterfeiertage ist davon auszugehen, dass nicht alle Infektionen erfasst werden. Verschiedene Virusvarianten „of concern" (VOC) werden in Deutschland festgestellt, u.a. die Varianten B.1.1.7 (GBR), B.1.351 (ZAF), P1 (BRA). Der Anteil der VOC B.1.1.7 nimmt in Deutschland und den Nachbarländern weiterhin stetig zu und ist in diesen Staaten (inklusive Deutschland) bereits die dominierende Variante. Für KW12 in 2021 wird von RKI (lt. Laborverbund-Erfassung) ein B.1.1.7-Anteil von 88 % und ein Anteil der B.1.351- Variante von 0,8 % berichtet. Die Variante P1 wurde weiterhin nur in Einzelfällen (Anteil 0,1%) detektiert.

Es handelt sich um ein diffuses Geschehen, sodass oft keine konkrete Infektionsquelle ermittelt werden kann und von einer anhaltenden Zirkulation in der Bevölkerung auszugehen ist. Nach Zahlen der Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin steigt seit Mitte März 2021 die Zahl der Intensivpatienten mit COVID 19 wieder deutlich an. Derzeit sind es 4400, zu Jahresbeginn waren es knapp 5800 Patienten. In Kürze werden wieder über 5000 COVID 19-Patienten erwartet. Dann müsste eine Vielzahl von Krankenhäusern wieder auf Notbetrieb umstellen und die Zahl planbarer Eingriffe weiter zurückfahren. Dieser Anstieg ist mit der Verbreitung von besonders gefährlichen Virusmutationen verbunden. Die Therapie schwerer Krankheitsverläufe ist komplex und erst wenige Therapieansätze haben sich in klinischen Studien als wirksam erwiesen. Der Positivanteil der Testungen nimmt wieder zu und liegt bei über 11 %. Das Risiko einer weiteren starken Zunahme der Fallzahlen ist deutlich erhöht. Das Robert KochInstitut schätzt die Gefährdung für die Gesundheit der Bevölkerung in Deutschland insgesamt als sehr hoch ein. Oberstes Ziel ist es, die weitere Verbreitung des Virus zu verlangsamen sowie das exponentielle Wachstum zu durchbrechen, um eine Überlastung des Gesundheitssystems insgesamt zu vermeiden und die medizinische Versorgung bundesweit sicherzustellen.

II. Wesentlicher Inhalt des Entwurfs

Diese Situation gebietet ein bundeseinheitliches staatliches Handeln mit effektiven Maßnahmen zur Reduzierung der zwischenmenschlichen Kontakte, um der staatlichen - 10 - Schutzpflicht für das Grundrecht auf Leben und körperliche Unversehrtheit aus Artikel 2 Absatz 2 Satz 1 des Grundgesetzes im erforderlichen Maße nachzukommen und dabei insbesondere auch die Funktionsfähigkeit des Gesundheitssystems als überragend wichtigem Gemeingut und damit die bestmögliche Krankenversorgung weiterhin sicherzustellen.

Festzustellen ist gegenwärtig eine bundesuneinheitliche Auslegung der gemeinsam von den Ländern in der regelmäßig stattfindenden Ministerpräsidentenkonferenz beschlossenen Maßnahmen. Die dadurch entstehende Lücke im Schutz vor weiteren Infektionen mit COVID 19 soll durch diesen Gesetzentwurf geschlossen werden. Dem Gesetzgeber kommt angesichts der nach wie vor ungewissen und sich dynamisch verändernden Gefahrenlage ein weiter Einschätzungs-, Wertungs- und Gestaltungsspielraum zu.

Der Schwellenwert für das Inkrafttreten der bundesgesetzlichen sogenannten Notbremse ist eine 7-Tages-Inzidenz von 100 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner. Steigt in einem Landkreis oder einer kreisfreien Stadt die Sieben-Tage-Inzidenz auf über 100 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner an drei aufeinanderfolgenden Tagen an, so gelten dort ab dem übernächsten Tag unmittelbar zusätzlich zu den bestehenden umfassenden Maßnahmen der Länder gemäß §28a IfSG die in § 28b vorgesehenen flankierenden Maßnahmen (Absatz 1). Diese so genannte Notbremse ist bereits angelegt in dem Beschluss der Bundeskanzlerin mit den Regierungschefinnen und Regierungschefs der Länder vom 3. März 2021. Sofern Maßnahmen eines Landes strenger sein sollten als der Katalog des § 28b-E, so gelten diese ergänzend fort.

Sinkt in dem entsprechenden Landkreis oder der kreisfreien Stadt die Sieben-TageInzidenz unter den Wert von 100 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner gemäß § 28a IfSG an fünf aufeinanderfolgenden Werktagen, so treten dort ab dem übernächsten Tag die hier genannten Maßnahmen außer Kraft. Es gilt dann ausschließlich wieder der Verordnungsrahmen der Länder auf Grundlage des § 28/§ 28a IfSG (Absatz 2).

Nach § 28a IfSG sind besondere Maßnahmen ab einer Inzidenz von 50 auf regionaler Ebene zu ergreifen. Steigen die Infektionszahlen weiter auf den doppelten Wert an, so ist es erforderlich, angemessen und geboten, dass der Bundesgesetzgeber sicherstellt, dass hinreichende Maßnahmen in Kraft treten, um die Senkung des Infektionsgeschehens in der jeweiligen Region wirksam zu erreichen. Dies ist auch deshalb geboten, weil dadurch ein noch höheres, sich überregional ausbreitendes Infektionsgeschehen vermieden wird, zu dessen Eindämmung ein landesweites oder länderübergreifendes Handeln erforderlich werden könnte, wie dies in den vergangenen Monaten der SARS-CoV2-Pandemie wiederholt der Fall war.

Dabei ist die Sieben-Tage-Inzidenz der Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner in dem jeweiligen Landkreis oder der kreisfreien Stadt zum einen deshalb eine geeignete Grundlage, weil die Zahl der Neuinfektionen den frühesten Indikator bei einem zunehmenden Infektionsgeschehen darstellt. Die daraus einige Wochen später resultierende Belastung des Gesundheitssystems und die Todesfälle lassen sich bereits aus der Zahl der Neuinfektionen unter Einbeziehung der Immunitätslage in der Bevölkerung und der Eigenschaften der vorherrschenden Virusvarianten abschätzen und folgen diesem Parameter erst mit erheblichem zeitlichen Verzug. Zum anderen sind die Sieben-TageInzidenzen geeignet, weil sie auf der Grundlage tagesaktueller Meldungen der Gesundheitsämter vom Robert Koch-Institut ermittelt und tagesaktuell veröffentlicht werden, mithin für jeden einfach und nachvollziehbar zur Verfügung stehen. Die SiebenTage-Inzidenz der Neuinfektionen mittelt darüber hinaus typische wochentagsbezogene Schwankungen der Meldungen der Gesundheitsämter und andere tagesbezogene Häufungen, die keine Trendaussage bedeuten, aus.

Der Höhe nach ist die Sieben-Tagen-Inzidenz von 100 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner nicht nur deshalb die angemessene Größenordnung, weil sie für einen Verdopplungszeitraum zwischen der Sieben-Tage-Inzidenz von 50 und 100 die Möglichkeit belässt, durch regional definiertes Handeln das Infektionsgeschehen einzudämmen. Sie ist

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auch aus weiteren Erwägungen und Erfahrungen hinsichtlich verschiedener Aspekte des Infektionsgeschehens die angemessene Größenordnung:

Seit Beginn der Impfkampagne sind prioritär die Bevölkerungsgruppen geimpft worden, die ein besonders hohes Risiko für schwere Verläufe einer SARS-CoV2-Erkrankung haben. Dieser Effekt wirkt sich entlastend auf das Gesundheitswesen aus. Gleichzeitig macht die Virusvariante B.1.1.7 inzwischen mehr als 80% der Infektionen in Deutschland aus, sodass bereits jetzt aufgrund deren Eigenschaften mehr Fälle jüngerer Patienten mit schweren Verläufen auf die Intensivstationen aufgenommen werden, die zudem eine deutlich längere durchschnittliche Verweildauer auf der Intensivstation aufweisen als hochbetagte Patienten. Hierdurch ist damit zu rechnen, dass die Belastung für die Intensivstationen durch das Auftreten der Varianten B.1.1.7, trotz Erfolgen bei der Impfung von besonders vulnerablen Bevölkerungsgruppen, insgesamt noch größer wird. Insofern ist auch weiterhin damit zu rechnen, dass bei Neuinfektionszahlen oberhalb einer Sieben-Tage-Inzidenz von 100 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner eine Überlastung des Gesundheitswesens, zum Beispiel durch die erneute Verschiebung planbarer Behandlungen anderer Krankheitsbilder, eintreten kann. Dies könnte den Anteil der vermeidbaren Todesfälle weiter erhöhen.

Außerdem ist die Eindämmung des Infektionsgeschehens durch Maßnahmen der Nachverfolgung von Kontaktpersonen ist bei einer Sieben-Tage-Inzidenz von 100 vielfach endgültig nicht mehr möglich. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund der Dominanz der leichter übertragbaren Virusvariante B.1.1.7. Hierdurch vergrößert sich auch die Wahrscheinlichkeit, dass durch eine infizierte Person nun potentiell mehr weitere Menschen infiziert werden als in vergleichbaren Situationen durch die bisher vorherrschende Virusvariante und somit auch mehr Kontaktpersonen – als potentiell ansteckungsverdächtige Menschen – nachverfolgt werden müssten.

Ein weiterer wichtiger Grund für die möglichst enge Begrenzung des Infektionsgeschehens besteht darin, während der in den kommenden Wochen intensiv laufenden Impfkampagne in Deutschland das Auftreten sogenannter escape-Virusvarianten zu vermeiden. Trifft eine hohe Zahl neu geimpfter Personen mit noch unvollständiger Immunität auf eine hohe Zahl von Infizierten, begünstigt das die Entstehung von Virusvarianten, gegen welche die Impfstoffe eine geringere Wirksamkeit aufweisen. Eine gänzlich ausbleibende Wirksamkeit der Impfstoffe ist zwar unwahrscheinlich, jedoch erschwert schon eine geringere Wirksamkeit die Ausbildung einer Herdenimmunität in der Bevölkerung und erfordert eine noch höhere Impfbereitschaft in der Gesamtbevölkerung. Die Impfstoffe können zwar grundsätzlich auf solche Virusvarianten angepasst werden; dies erfordert jedoch einen mehrmonatigen Vorlauf und dann eventuell eine Nachimpfung der Bevölkerung. Somit ist es erforderlich, die Infektionszahlen niedrig zu halten, um die Wahrscheinlichkeit einer Verschärfung und Verlängerung der Epidemie durch Virusvarianten zu senken.

Wenn im weiteren Verlauf ein hinreichend großer Anteil der Gesamtbevölkerung geimpft ist, so dass der Sieben-Tage-R-Wert stabil unter 1 gesenkt werden kann, sinken auch die Inzidenzen nachhaltig unter 100. Solange dieser Punkt noch nicht erreicht ist, jedoch ein großer und insbesondere der vulnerable Teil der Bevölkerung geimpft ist, bleibt es neben der Gefahr der Ausbildung von escape-Virusvarianten auch deshalb nach dem Vorsorgeprinzip sinnvoll, das Infektionsgeschehen entschieden zu begrenzen, weil die wissenschaftliche Datenlage zur Häufigkeit von mittel- und langfristigen gesundheitlichen Beeinträchtigungen bei jüngeren Patienten keinen Grund zur Entwarnung bedeutet. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass eine Inzidenz von 100 bei einem zunehmenden Teil der Bevölkerung, der aufgrund der Impfung am epidemischen Geschehen weitgehend nicht mehr beteiligt ist, bezogen auf die Neuinfektionen unter der nicht geimpften Bevölkerung sogar eine höhere Ansteckungswahrscheinlichkeit bedeutet. Sind zum Beispiel 50% der Bevölkerung geimpft, bedeutet eine Inzidenz von 100 in der Gesamtbevölkerung in etwa eine Inzidenz 200 im nicht-geimpften Bevölkerungsbereich.

- 12 -

Vor dem Hintergrund dieser Situation führt der neue § 28b einen wirkungsstarken Maßnahmenkatalog ein, die darauf zielt, besondere Infektionsgeschehen effektiv einzudämmen.

Zudem wird die Bundesregierung ermächtigt, Rechtsverordnungen mit Zustimmung des Bundesrates zu erlassen (Absatz 6). Damit werden dem Bund zusätzliche Handlungsmöglichkeiten gegeben, um die Durchsetzung der nationalen Ziele des Infektionsschutzgesetzes zu gewährleisten. Insofern wird eine weitere Lücke im Infektionsschutzgesetz geschlossen.

Die nach § 28b ergriffenen Maßnahmen gelten nur für die Dauer der Feststellung einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite nach § 5 Absatz 1 Satz 1 durch den Deutschen Bundestag (Absatz 8). Damit wird eine parlamentarische Begleitung exekutiver Maßnahmen der Bundesregierung ermöglicht und das Niveau demokratischer Legitimation gestärkt.

III. Alternativen

Keine.

IV. Gesetzgebungskompetenz

Die Gesetzgebungskompetenz des Bundes ergibt sich aus Artikel 74 Absatz 1 Nummer 19 des Grundgesetzes (Maßnahmen gegen übertragbare Krankheiten bei Menschen).

 

B. Besonderer Teil

Zu Artikel 1

Zu Nummer 1 (Anpassung der Inhaltsübersicht)

Es handelt sich um eine Folgeänderung zu Nummer 2.

Zu Nummer 2 § 28b Absatz 1 (obligatorische Maßnahmen der Notbremse)

Die Maßnahmen zum Infektionsschutz werden durch Absatz 1 konsequent und solidarisch gestärkt. Auf diese Weise wird die Wahrscheinlichkeit deutlich gesenkt, dass es zu vermehrten Ansteckungen kommt. Die unverzichtbaren persönlichen Aktivitäten zum Bestreiten und Gewährleisten des Lebensunterhalts, insbesondere zur Beschaffung der zur Lebensführung erforderlichen Gegenstände und Dienstleistungen sowie zur Aufrechterhaltung der beruflichen Tätigkeiten werden weiterhin ermöglicht. Zugleich verfolgen die Maßnahmen das Ziel, ein möglichst kurzes, weil möglichst effektives Herunterfahren des öffentlichen Lebens und der zwischenmenschlichen Kontakte zu erreichen. Die Intensität der Maßnahmen trägt in diesem Konzept gerade zu ihrer Verhältnismäßigkeit bei, weil nicht das Ziel einer dauerhaften Modellierung des Geschehens, sondern einer möglichst zeitnahen Rückkehr zu Zuständen mit möglichst wenigen Einschränkungen verfolgt wird. Mitentscheidend hierfür ist auch die Gesamtsignalwirkung der Maßnahmen.

Bei besonderem Infektionsgeschehen gelten daher zusätzlich zu den Infektionsschutzmaßnahmen der Länder bundeseinheitliche besondere Maßnahmen (Notbremse). Den Ländern bleibt es unbenommen, darüber hinausgehende Maßnahmen zu treffen oder solche in Kraft zu belassen (s. auch Absatz 4).

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Überschreitet in einem Landkreis oder einer kreisfreien Stadt an drei aufeinander folgenden Tagen die nach § 28a Absatz 3 Satz 13 veröffentlichte Anzahl der Neuinfektionen mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 je 100 000 Einwohner innerhalb von sieben Tagen (SiebenTage-Inzidenz) den Schwellenwert von 100, so gelten ab dem übernächsten Tag die besonderen Maßnahmen. Maßgeblich sind die auf dem RKI-Dashboard unter der Adresse http://corona.rki.de im Internet veröffentlichten Zahlen.

Die Maßnahmen sind für die Dauer der Notbremse zeitlich befristet (Absatz 2). Eine isolierte Befristung einzelner Maßnahmen ist untunlich, weil dann die Notbremse ihre Wirkkraft verlöre.

§ 28b Absatz 1 Nummer 1 (Zusammenkünfte)

Das Coronavirus SARS-CoV-2 wird vornehmlich durch die Atemluft übertragen. Wechselnde Zusammenkünfte zwischen Menschen erhöhen das Risiko im Hinblick auf Ansteckungen. Deshalb ist eine Begrenzung auf Zusammenkünfte von einem Haushalt mit höchstens einer weiteren Person vorgesehen. Die Vorschrift trägt dazu bei, Infektionsketten besonders wirksam zu unterbrechen. Eine Zusammenkunft ist nicht privat im Sinne der Vorschrift, soweit sie vorrangig einem Zweck jenseits eines privaten Kontexts dient; so liegt bspw. keine private Zusammenkunft vor bei Kontakten, die der Ausübung einer beruflichen Tätigkeit, der Teilnahme an Maßnahmen des Arbeitskampfes, der Wahrnehmung politischer Mandate, ehrenamtlicher Tätigkeiten, behördlicher Termine usw. dienen.

Kinder bis 14 Jahre werden dabei insofern nicht mitgezählt, als zulässige Treffen zwischen Erwachsenen auch im Beisein ihrer jeweiligen Kinder möglich bleiben und soziale Kontakte nicht übermäßig eingeschränkt werden sollen. Zugleich ist die isolierte Zusammenkunft von Kindern bis 14 Jahren nur nach den allgemeinen Beschränkungen zulässig.

Überwiegend klarstellend wird geregelt, dass Zusammenkünfte, die ausschließlich zwischen Angehörigen desselben Haushalts, ausschließlich zwischen Ehe- oder Lebenspartnerinnen und -partnern oder ausschließlich in Wahrnehmung eines Sorge- oder Umgangsrechts oder ihm Rahmen von Veranstaltungen bis 15 Personen bei Todesfällen (einschließlich der Trauerfeier) stattfinden, unberührt bleiben. Die Regelung ist nicht auf eingetragene Lebenspartnerinnen und -partner beschränkt, vielmehr ist das tatsächliche Bestehen einer Lebenspartnerschaft maßgeblich.

§ 28b Absatz 1 Nummer 2 (Ausgangsbeschränkungen)

Eine wirksame Eindämmung der Verbreitung des Coronavirus ist ohne Ausgangsbeschränkung erheblich gefährdet. Sie ist in ihrer Dauer zeitlich begrenzt, solange die Voraussetzungen der Notbremse vorliegen. Sie wird nicht präsumtiv angeordnet. Zeitlich beschränkte Ausgangsbeschränkungen sind geboten, um das Infektionsgeschehen einzudämmen. Es handelt sich vorliegend nicht um eine Freiheitsentziehung, sondern lediglich um eine Einschränkung der persönlichen Bewegungsfreiheit zu regelmäßigen Ruhens- und Schlafenszeiten, die sich als Eingriff in die allgemeine Handlungsfreiheit auswirkt.

Die Ausgangsbeschränkung soll der Kontrolle und Beförderung der Einhaltung der allgemeinen Kontaktregeln dienen und die Entstehung unzulässiger Kontakte und neuer Infektionsketten verhindern. Hierdurch sollen die Mobilität in den Abendstunden (siehe https://www.covid-19-mobility.org/reports/mobility-curfew/) und bisher stattfindende private Zusammenkünfte im öffentlichen wie auch privaten Raum, denen ein erhebliches Infektionsrisiko zukommt, begrenzt werden. Erfahrungen aus anderen Staaten wie auch wissenschaftliche Studien (siehe etwa Sharma et al., Understanding the effectiveness of government interventions in Europe's second wave of COVID-19, abrufbar unter: https://www.medrxiv.org/content/10.1101/2021.03.25.21254330v1.full.pdf; Ghasemi et al., Impact of a nighttime curfew on overnight mobility, abrufbar unter: https://www.medrxiv.org/content/10.1101/2021.04.04.21254906v1; Di Domenico et al., - 14 - Impact of January 2021 curfew measures on SARS-CoV-2 B.1.1.7 circulation in France, abrufbar unter https://www.medrxiv.org/content/10.1101/2021.02.14.21251708v2.full) stützen diesen Befund. Insbesondere bei privaten Zusammenkünften dürften die durchgehende Einhaltung von Abstands- und Lüftungsregelungen sowie das Tragen von Masken häufiger in Vergessenheit geraten, als dies bei anderen, z. B. beruflichen oder geschäftlichen, Kontakten der Fall ist. Ferner kann durch die Ausgangsbeschränkung auch eine gewisse Zahl unbeabsichtigter Kontakte zwischen Menschen, etwa in öffentlichen Verkehrsmitteln oder Fluren eines Mehrfamilienhauses, verhindert werden. Angesichts der Intensität der Maßnahme ist sie tragfähig, weil die Einhaltung der allgemeinen Kontaktregeln gerade zur Abend- und Nachtzeit auf andere Art und Weise – nach einer etwaigen Intensivierung der behördlichen Kontrollbemühungen – nicht sichergestellt werden kann und dies die Effektivität der Kontaktregeln insgesamt in einem für die Zielerreichung relevanten Maß beeinträchtigt. So zeigen die seit dem Frühjahr 2020 in Deutschland, aber auch in anderen europäischen Staaten und weltweit gesammelten Erfahrungen, dass insbesondere umfassende Maßnahmen zur Beschränkung von Sozialkontakten wie die hier auf Reduzierung von Sozialkontakten abzielende Ausgangsbeschränkung in der Nachtzeit zur Eindämmung des Pandemiegeschehens wesentlich beitragen und das Infektionsgeschehen reduzieren.

Das Verlassen der Wohnung ist aus Verhältnismäßigkeitsgründen bei Vorliegen triftiger Gründe gestattet, die im Einzelnen aufgelistet sind. Das Vorliegen dieser Gründe ist bei Kontrollen durch die Polizei glaubhaft zu machen. Ähnlich gewichtige und unabweisbare Gründe liegen insbesondere im Fall der Wahrnehmung eines Termins zur Schutzimpfung gegen das Coronavirus SARS-CoV-2 vor, bspw. aber auch bei Wohnungslosigkeit.

§ 28b Absatz 1 Nummer 3 (Freizeiteinrichtungen)

Die Öffnung sämtlicher Einrichtungen, die nicht notwendigen Verrichtungen des täglichen Lebens dienen, sondern der Freizeitgestaltung, wird untersagt. Das Verbot dient insbesondere dem Zweck, eine Ausbreitung des Coronavirus SARS-CoV-2 zeitlich und räumlich zu verlangsamen. Die Schließung von Freizeiteinrichtungen dient der derzeit notwendigen Kontaktreduzierung, da andernfalls das Infektionsgeschehen außer Kontrolle zu geraten droht. Die durch die zeitweise Schließung von Freizeiteinrichtungen entstehenden Einnahmeeinbußen und die wirtschaftlichen Belastungen werden durch wirtschaftliche Kompensationsprogramme erheblich abgemildert, sodass sich die Beeinträchtigungen in Abwägung mit dem Ziel einer Reduzierung von Infektionszahlen in einer volatilen Pandemielage als angemessen darstellen.

„Öffnung" im Sinne dieser Vorschrift bedeutet das Zugänglichmachen der jeweiligen Einrichtung für den Publikumsverkehr. T

ouristische Bahn- und Busverkehre sind solche, die allein aus touristischen Gründen verkehren (z.B. Reisebusreisen, Museumsbahnen, Brockenbahn u.ä.).

§ 28b Absatz 1 Nummer 4 (Handel)

Aus den gleichen Gründen wie zu Absatz 1 Nummer 1 dargelegt ist es erforderlich, die Ladengeschäfte des Handels zu schließen, da sonst über die dortigen Kontakte die Weiterverbreitung des Virus erfolgt. Unter Abwägung der Sicherstellung der Versorgung einerseits und der bestehenden Infektionsrisiken andererseits werden Bereiche genannt, für die keine Schließung angeordnet ist.

Im Interesse der öffentlichen Sicherheit wird die verlässliche Versorgung der Bevölkerung mit Lebensmitteln und Verbrauchsgütern des täglichen Bedarfs sichergestellt. Dienstleistungen werden von Nummer 4 nicht erfasst. Schon deshalb werden hiervon auch keine Dienstleistungsbetriebe betroffen, die der medizinischen, therapeutischen, pflegerischen oder seelsorgerischen Versorgung dienen, ebensowenig Banken, - 15 - Poststellen, Reinigungen, Waschsalons, Werkstätten u.ä. Soweit körpernahe Dienstleistungen erbracht werden, gilt Absatz 1 Nummer 8.

Ladengeschäfte, die geöffnet bleiben, dürfen nur Waren ihres üblichen Sortiments anbieten. Eine Ausweitung des Sortiments ist nicht zulässig.

Die zugelassenen Atemschutzmasken (FFP2 oder vergleichbar) ergeben sich aus der Anlage zu der SARS-CoV2-Arbeitsschutzverordnung.

§ 28b Absatz 1 Nummer 5 (Kultureinrichtungen)

Die Schließung von Kultureinrichtungen dient der derzeit notwendigen Kontaktreduzierung, da andernfalls das Infektionsgeschehen droht, außer Kontrolle zu geraten. Die durch die zeitweise Schließung von Kultureinrichtungen entstehenden Einnahmeeinbußen und die wirtschaftlichen Belastungen werden durch wirtschaftliche Kompensationsprogramme erheblich abgemildert, sodass sich die Beeinträchtigungen in Abwägung mit dem Ziel einer Reduzierung von Infektionszahlen in einer volatilen Pandemielage als angemessen erweisen. „Öffnung" im Sinne dieser Vorschrift bedeutet das Zugänglichmachen der jeweiligen Einrichtung für den Publikumsverkehr.

§ 28b Absatz 1 Nummer 6 (Sport)

Die Beschränkung der Ausübung von Sportarten dient der notwendigen Kontaktreduzierung, da andernfalls das Infektionsgeschehen droht, außer Kontrolle zu geraten. Insbesondere Mannschaftssportarten sind wegen des regelmäßigen engen Kontakts derzeit nur nach den angeordneten Einschränkungen auszuüben, um einen weiteren Anstieg der Infektionszahlen zu vermeiden.

Zulässig in größeren Gruppen ist nur der Wettkampf- und Trainingsbetrieb der Berufs- und Leistungssportler. Voraussetzung ist vor allem, dass angemessene Schutz- und Hygienekonzepte eingehalten werden.

Medizinisch notwendige sportliche Betätigungen (bspw. Reha-Maßnahmen) zählen nicht als Ausübung von Sport im Sinne der Vorschrift, da bei solchen Betätigungen der medizinische Charakter den sportiven Aspekt überwiegt.

§ 28b Absatz 1 Nummer 7 (Gastronomie)

Um die Rückverfolgbarkeit von Infektionsketten zu ermöglichen und eine Überlastung des Gesundheitssystems zu verhindern, müssen zeitweise persönliche Kontakte auf ein absolut notwendiges Minimum begrenzt werden. Insbesondere in der Gastronomie kommt es zu vielfältigen Kontakten zwischen häufig wechselnden Personen. Daher ist es geboten, in diesem Bereich zeitweise die Kontakte zu reduzieren. Die durch die zeitweise Schließung von Gastronomiebetrieben entstehenden Einnahmeeinbußen und die wirtschaftlichen Belastungen werden durch wirtschaftliche Kompensationsprogramme erheblich abgemildert, sodass sich die Beeinträchtigungen in Abwägung mit dem Ziel einer Reduzierung von Infektionszahlen in einer volatilen Pandemielage als angemessen erweisen.

„Öffnung" im Sinne dieser Vorschrift bedeutet das Zugänglichmachen der jeweiligen Einrichtung für den Publikumsverkehr.

Unter Abwägung der Infektionsrisiken und der Möglichkeiten, diesen ausreichend entgegenzuwirken, sind Liefer- und Abholangebote vertretbar

§ 28b Absatz 1 Nummer 8 (Maskenpflicht bei körpernahen Dienstleistungen)

Die Ausübung und Inanspruchnahme von Dienstleistungen, bei denen eine körperliche Nähe zum Kunden unabdingbar ist, ist untersagt. Ausgenommen sind Dienstleistungen, die medizinischen, therapeutischen, pflegerischen oder seelsorgerischen Zwecken dienen - 16 - (bspw. auch medizinische Fußpflege, Physiotherapie usw.) sowie Friseurbetriebe. Dabei gilt jeweils die Maßgabe, dass von den Beteiligten unbeschadet der arbeitsschutzrechtlichen Bestimmungen und soweit die Art der Leistung es zulässt Atemschutzmasken (FFP2 oder vergleichbar) zu tragen sind. Vor der Wahrnehmung von Dienstleistungen eines Friseurbetriebs ist durch die Kundin oder den Kunden zudem ein negatives Ergebnis einer innerhalb von 24 Stunden vor Inanspruchnahme der Dienstleistung mittels eines anerkannten Tests durchgeführte Testung auf eine Infektion mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 vorzulegen. Die Verpflichtung zum Tragen einer Maske mit der erforderlichen Schutzwirkung erweist sich als verhältnismäßig, da es angesichts des erhöhten Infektionsgeschehens erforderlich ist, um Infektionen in Situationen erhöhter Infektionsgefahr zu vermeiden, und – insbesondere unter Berücksichtigung der Beschränkung der Trageverpflichtung auf wenige Situationen des Alltagslebens – auch kein milderes Mittel mit demselben Schutzniveau ersichtlich ist. Die Tragepflicht ist auch angemessen, da die negativen Folgen aus der Maskentragung (finanzielle Mehrbelastung, fehlende modische Gestaltungsfreiheit) nicht außer Verhältnis zu dem mit den Maßnahmen verfolgten Zweck der Gefahrenabwehr zum Schutze der Gesundheit stehen. Die zugelassenen Atemschutzmasken (FFP2 oder vergleichbar) ergeben sich aus der Anlage zu der SARS-CoV2-Arbeitsschutzverordnung. Der genannte Test muss die jeweils geltenden Anforderungen des Robert Koch-Instituts erfüllen. Nähere Anforderungen an die Tests nach Satz 1 werden vom Robert Koch-Institut im Internet unter der Adresse https://www.rki.de/covid-19-tests veröffentlicht (s. Absatz 7).

§ 28b Absatz 1 Nummer 9 (Maskenpflicht im Personenverkehr)

Die vorgesehene Begrenzung der maximal zulässigen Auslastung der Verkehrsmittel ist einzuhalten, wo immer möglich. Dabei kommt es maßgeblich auf die Besonderheiten der jeweils betroffenen Lebensbereiche an. Im Übrigen wird auf Nummer 8 verwiesen.

§ 28b Absatz 1 Nummer 10 (Übernachtungsangebote)

Übernachtungsangebote zu touristischen Zwecken sind untersagt. Das Verbot greift ebenso wie die anderen Maßnahmen des Absatzes 1 ab dem übernächsten Tag, nachdem an drei aufeinander folgenden Tagen die maßgebliche Sieben-Tage-Inzidenz von 100 an dem Belegenheitsort der Übernachtungsstätte überschritten wurde.

§ 28b Absatz 2 (Außerkrafttreten der besonderen Maßnahmen)

Die Vorschrift regelt die Voraussetzungen für das Außerkrafttreten der besonderen Maßnahmen des Absatzes 1.

§ 28b Absatz 3 (Bildungseinrichtungen)

Die allgemeine Testpflicht für Schülerinnen und Schüler und für das Lehrpersonal an allgemeinbildenden Schulen und Berufsschulen dient dem möglichst frühzeitigen Erkennen von potentiell schwer kontrollierbaren Infektionsherden. Schulen sind derzeit vom Infektionsgeschehen besonders betroffen. Lehrkräfte spielen hinsichtlich der Unterbrechung der Infektionskette eine herausgehobene Rolle für den Infektionsschutz in den Schulen und in der Allgemeinheit, da sie aufgrund der Vielzahl von Personenkontakten sowie der räumlichen und sonstigen Rahmenbedingungen im Lehrbetrieb ein höheres Potential aufweisen, bei Ansteckung leicht eine größere Gruppe von Schulkindern und mittelbar auch deren Familiengehörigen zu infizieren. Dies ist zudem vor dem Hintergrund zu sehen, dass insbesondere im Falle von jüngeren Schulkindern eine durchgehende Umsetzung von Hygienekonzepten teilweise nur begrenzt möglich ist. Die Testpflicht für Lehrkräfte ergänzt somit sinnvoll die Testverpflichtungen der am Präsenzunterricht teilnehmenden Schulkinder sowie die Hygienekonzepte im Schulbetrieb und verhindert - 17 - einen Eintrag des Virus in Schulklassen durch Lehrkräfte. Auch AOK und die BKK weisen darauf hin, dass Lehrkräfte besonders betroffen sind: https://aokbv.de/presse/pressemitteilungen/2020/index_24186.html.

Präsenzunterricht bleibt trotz der Überschreitung des Schwellenwerts einer Sieben-TageInzidenz von 100 möglich. Unabhängig von der Sieben-Tage-Inzidenz sind zwei Testungen je Woche und Schülerin oder Schüler bzw. Lehrkraft als Voraussetzung der Teilnahme am Unterricht vorgesehen. Der zu Grunde liegende Test muss die jeweils geltenden Anforderungen des Robert Koch-Instituts erfüllen. Zwischen den Testungen sollte ein hinreichender Zeitabstand liegen. Wenn die maßgebliche Sieben-Tage-Inzidenz an drei aufeinanderfolgenden Tagen den Schwellenwert von 200 überschritten hat, sind ab dem übernächsten Tag Schließungen von Bildungseinrichtungen angeordnet. Diese sind verhältnismäßig. Sie dienen dazu, Infektionen zu vermeiden. Die nachteiligen Folgen für die Betroffenen können durch die Regelungen über die Schaffung einer Notbetreuung und die digitalen Unterrichts- und Lernangebote abgefedert werden. Zudem können Abschlussklassen, d.h. Klassen, die mit einer Abschlussprüfung enden, ausgenommen werden. Verbleibende Einschränkungen, die sich durch die Notwendigkeit der Betreuung eigener Kinder ergeben, sind ihm im Rahmen der gebotenen Abwägung hinzunehmen.

Für Einrichtungen nach § 33 Nummer 1 und 2 gelten Absatz 2 Satz 2 und Satz 3 entsprechend. Das bedeutet, dass auch in Einrichtungen der Kinderbetreuung bei entsprechender Entwicklung des Infektionsgeschehens eine Präsenzbetreuung jenseits eines Notbetriebs nicht zulässig ist.

Für den eingeschränkten Notbetrieb dürften insbesondere Kinder von Eltern in Frage kommen, die notwendigerweise nicht in ihrer Wohnung arbeiten können (z.B. medizinisches oder pflegerisches Personal, Verkäuferinnen und Verkäufer in Supermärkten, Feuerwehrleute, Polizistinnen und Polizisten) oder Kinder, die nicht über hinreichende informationstechnische Ausstattungen verfügen. Dadurch wird einer Kindeswohlgefährdung auch aus pädagogischer Sicht entgegengewirkt.

Prüfungen, insbesondere Abschlussprüfungen, sind kein Unterricht im Sinne der Vorschrift und bleiben daher unberührt. Gleiches gilt für Forschungstätigkeiten, Tätigkeiten in Laboren und ähnlichen Einrichtungen.

§ 28b Absatz 4 (Verhältnis zu anderen Regelungen)

Nach Absatz 4 bleiben weitergehende Vorschriften und Maßnahmen des Infektionsschutzes unberührt. Das bedeutet, dass bereits bestehende und künftige Regelungen, insbesondere in Rechtsverordnungen des Bundes und der Länder (vor allem nach den §§ 28 ff., 32 IfSG) ebenso wie in Gestalt von Allgemeinverfügungen, Einzelverwaltungsakten oder sonstigen Maßnahmen der Behörden, insbesondere der zuständigen Infektionsschutzbehörden, weiter gültig sind, soweit sie über die in § 28b vorgesehenen infektionsschutzrechtlichen Einschränkungen hinausgehen, d.h. gleichsam zu einem stärkeren Infektionsschutz führen, oder soweit die nach dieser Vorschrift maßgeblichen Inzidenzwerte nicht überschritten oder wieder unterschritten werden. Die bundeseinheitlichen Maßnahmen dienen lediglich dazu, ein Mindestmaß an Schutzmaßnahmen bei besonderem Infektionsgeschehen sicherzustellen. Durch künftige Bundesgesetze und insbesondere auch durch Rechtsverordnungen nach § 28b Absatz 6 können freilich auch mildere Regelungen wie Ausnahmen oder Erleichterungen geschaffen werden.

§ 28b Absatz 5 (Versammlungen und religiöse oder weltanschauliche Zusammenkünfte)

Versammlungen im Sinne des Artikels 8 des Grundgesetzes sowie Zusammenkünfte, die der Religionsausübung im Sinne des Artikels 4 des Grundgesetzes dienen (d.h. alle Zusammenkünfte, die von dem einheitlichen Grundrecht der religiösen und - 18 - weltanschaulichen Freiheit erfasst werden), unterfallen nicht den Beschränkungen des Absatzes 1. Für die entsprechenden Veranstaltungen und Zusammenkünfte gelten die bereits bestehenden und künftigen Maßnahmen, die jenseits des § 28b getroffen werden, insbesondere in den Rechtsverordnungen der Länder.

§ 28b Absatz 6 (Verordnungsermächtigung)

Die Schaffung einer Ermächtigungsgrundlage unterstreicht die gesamtstaatliche Verantwortung der Bundesregierung. Um die Rechte der Länder bei Infektionsschutzmaßnahmen zu wahren, ist die Zustimmung des Bundesrates zur Rechtsverordnung vorgesehen. Zudem ist eine Regelung zur Beteiligung des Deutschen Bundestags vorgesehen. Regelungen der Rechtsverordnungen sind daran gebunden, dass die Sieben-Tage-Inzidenz den Schwellenwert von 100 überschreitet.

§ 28b Absatz 7 (Begrifflichkeiten)

Absatz 7 Satz 1 definiert das Land Berlin und die Freie und Hansestadt Hamburg als kreisfreie Städte im Sinne des § 28b. Die erleichtert die einheitliche Handhabung. Bremen und Bremerhaven werden aufgrund der räumlichen Distanz als getrennte Städte behandelt. Absatz 7 Satz 2 verweist für anerkannte Tests im Sinne dieser Vorschrift auf die näheren Anforderungen, die vom Robert Koch-Institut im Internet unter der Adresse https://www.rki.de/covid-19-tests veröffentlicht werden.

§ 28b Absatz 8 (Beschränkung der Geltungsdauer)

§ 28b gilt nur für die Dauer der Feststellung einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite nach § 5 Absatz 1 Satz 1 IfSG durch den Deutschen Bundestag. Dies gilt auch für Rechtsverordnungen nach Absatz 6.

§ 28b Absatz 9 (Zitiergebot)

§ 28b Absatz 9 dient der Umsetzung des Zitiergebots des Artikels 19 Absatz 1 Satz 2 des Grundgesetzes.

Zu Nummer 4

Eine Ergänzung der Zitierung des Artikels 2 Absatz 2 Satz 1 des Grundgesetzes ist notwendig, da die in den Verordnungen der Länder zu Schutzmaßnahmen zur Verhinderung der Verbreitung des der Coronavirus-Krankheit-2019 (COVID-19) u.a. auch Testpflichten vorgesehen werden (etwa bei Besuchen in Alten- und Pflegeheimen), wodurch ggf. in das Grundrecht des Artikels 2 Absatz 2 Satz 1 des Grundgesetzes eingegriffen wird.

Zu Nummer 5 und 6 (Straf- und Bußgeldbewehrung)

Die Straf- und Bußgeldbewehrung bei Nichtbefolgen einzelner Maßnahmen der Notbremse dient der wirksamen Umsetzung der vorgesehenen Maßnahmen. Die Strafbewehrung folgt daraus, dass § 74 IfSG u.a. auf § 73 Absatz 1a Nummer 11 bis 20 und damit künftig auch auf die neu eingefügten Nummern 11b ff. verweist.

Zu Artikel 2

- 19 -

Es handelt sich um eine Folgeänderung zu Artikel 3 (Änderung von § 45 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch).

Zu Artikel 3

Durch die weiter andauernde COVID-19-Pandemie und die in diesem Zusammenhang häufigere Inanspruchnahme des Kinderkrankengeldes kann die bestehende Regelung hinsichtlich des Leistungszeitraums nicht ausreichend sein. Mit der auf das Jahr 2021 begrenzten weiteren zeitlichen Ausdehnung des Leistungszeitraums wird dieser Situation Rechnung getragen und gesetzlich versicherten Elternteilen ermöglicht, für weitere zehn zusätzliche Arbeitstage (weitere 20 zusätzliche Arbeitstage für Alleinerziehende) das Kinderkrankengeld in Anspruch zu nehmen. Der Anspruch besteht unabhängig davon, ob die geschuldete Arbeitsleistung nicht auch grundsätzlich im Homeoffice erbracht werden kann.

Zu Artikel 4

Zu Absatz 1

Um die Inanspruchnahme der weiteren zusätzlichen Kinderkrankengeldtage allen Betroffenen ohne Einschränkungen zu ermöglichen und um die Umsetzung für die Rechtsanwender, insbesondere die Krankenkassen, praktikabel zu halten, tritt sie zum selben Zeitpunkt in Kraft wie die mit dem GWB-Digitalisierungsgesetz vom 18. Januar 2021 vorgenommene Regelung zur Ausdehnung des Leistungszeitraumes. Im Übrigen tritt das Gesetz am Tag nach der Verkündung im Bundesgesetzblatt in Kraft. - 20 - Dokumentenname 4. BevSchG_ID.docx Ersteller BMG Stand 13.04.2021 09:07

 


 

Erstveröffentlichung dieses Artikels:13.04.2021-13:45

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