MAG IAS  | Bildquelle: RTF1

Rottenburg:

Das neue Konzept der MAG IAS - wie der Standort künftig weitergeführt wird

Stand: 19.03.21 17:13 Uhr

Auch der (bisherige) Automobilzulieferer MAG IAS GmbH in Rottenburg hat mit dem Strukturwandel zu kämpfen. Deshalb schien der Standort vor dem Aus - doch Ende Dezember kam die erfreuliche Nachricht: das Unternehmen bleibt in Rottenburg. Allerdings wird es anders als zuvor. Wie der Standort künftig weitergeführt wird, erfahren Sie jetzt.


Monatelang wurde gekämpft, Ende Dezember 2020 dann das Ziel erreicht: die MAG IAS GmbH bleibt in Rottenburg. Das schien im September letzten Jahres noch nicht so sicher, als Geschäftsführer Marcus Otto die Schließung des Standorts verkündete. Denn der Strukturwandel schlug auch hier zu: "Durch den Strukturwandel sind einfach nicht mehr genügend Aufträge da, um diesen Standort, der ja Zulieferer für unseren Hauptstandort ist, auszulasten. Wir haben dann Schrumpfungsszenarien durchgespielt und haben dann festgestellt, dass wir den Standort nicht mehr wirtschaftlich betreiben können in der Zukunft."

Damit der Standort aber weitergeführt werden kann, haben die Belegschaft, der Betriebsrat und die IG Metall Reutlingen-Tübingen ein Alternativ-Konzept erarbeitet. Und das stellten sie bei einer Pressekonferenz vor. Die Spindeln und Rundtische, die hier hergestellt werden, sollen auch in andere Branchen als in die der Automobilindustrie geliefert werden.

Und darum kümmert sich der neue Werksleiter, Eberhard Schmid. "Wir müssen umdenken", betont er. "Wenn ich sage, ich stell nur Spindeln her, kann ich nur in den Maschinenbau liefern." Deshalb müsse eine neue Denkweise her: was sind denn Spindeln, was sind Rundtische? Rundtische sind kubische Baugruppen, Spindeln nichts anderes als rotationssymmetrische Teile, so Schmid. Und rotationssymmetrische Teile können auch in andere Branchen wie beispielsweise in die Verpackungsindustrie geliefert werden, so Schmid. Somit können neue Branchen erschlossen werden.

Aber nicht nur die Branchen sind neu, sondern auch der ausgehandelte Tarifvertrag, erklärt die Geschäftsführerin der IG Metall Reutlingen-Tübingen. "Ich hab meinen Mitgliedern hier im Betrieb ganz klar versprochen, dass nichts hergegeben wird für lau, sondern dass es immer an Bedingungen geknüpft sind, die überprüfbar sind, die nachvollziehbar sind. [...] Also haben wir für das Urlaubsgeld letztendlich festgelegt, wenn nachgewiesen ist, dass am externen Markt nach Kunden gesucht wird, dass es vorwärts geht und das regelmäßig mit dem Betriebsrat besprochen wird, dann letztendlich verzichten die Beschäftigten auf das Urlaubsgeld. Sollte das nicht der Fall sein, steht sofort hart drin, wann die Auszahlung des Urlaubsgelds ist."

Und sie gehen sogar noch einen Schritt weiter, so Nitschke: Der Betriebsrat darf künftig stärker mitbestimmen. Wenn die Auftragseingänge über 100% liegen, entscheiden Arbeitgeber und Betriebsrat gemeinsam, welche Aufträge zum Wohle des Betriebs angenommen werden. "Und das ist schon ein Novum", so Nitschke.

Und was die Aufträge angeht, scheint es bisher ganz gut zu laufen. Dafür ist auch Werksleiter Schmid verantwortlich. Er hat durch seine berufliche Vergangenheit als technischer Geschäftsführer in anderen Firmen ein großes Netzwerk aufgebaut und jetzt bereits einige Aufträge für MAG IAS an Land gezogen.

Das neue Konzept ermöglicht auch, dass die meisten Mitarbeiter weiterhin dort beschäftigt bleiben können. "Entlassen wird niemand", betont Nitschke. Bestimmten Beschäftigten werden Aufhebungsverträge angeboten - die könne, müsse man aber nicht annehmen. Dann werde noch mit den Beschäftigten geredet, die bereits jetzt in Rente gehen könnten - abschlagsfrei.

Das sei sozial verträglich und das sei ihnen allen auch wichtig gewesen, so Nitschke weiter. Somit wird der Standort statt 128 vermutlich 110 Beschäftigte umfassen – auch Lehrlinge fallen darunter. Und es lohne sich durchaus, eine Ausbildung bei der MAG IAS anzufangen, werben die Verantwortlichen. Denn die Firma hat Zukunftspotential. "Wir sind so was wie ein Start-up, ein 60 Jahre altes Start-up", so Geschäftsführer Otto, "das wird sicher etwas rumpeln am Anfang, aber ich bin sehr optimistisch, dass wir es schaffen, Ende des Jahres oder im nächsten Jahr um diese Zeit ein ganz tolles neu ausgerichtetes Werk hier stehen zu haben."

Ein Werk, das zeigt: der Strukturwandel kann überlebt werden, mit ausreichend Entschlossenheit, Solidarität und guten Konzepten.

 

 

 


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