Wirtschaft | Bildquelle: Bild von Gerd Altmann auf Pixabay

Trotz Corona:

Zahlungsunfähige Unternehmen müssen ab Oktober Insolvenz anmelden

Stand: 13.08.20 09:57 Uhr

Bundesjustizministerin Christine Lambrecht (SPD) hat angekündigt, dass zahlungsunfähige Unternehmen trotz der Corona-Krise bereits ab Oktober wieder pflichtgemäß Insolvenz anmelden müssen.

"Unternehmen, die nach dem Auslaufen der bisherigen Regelung Ende September akut zahlungsunfähig sind, sollen wieder verpflichtet sein, einen Insolvenzantrag zu stellen", sagte Lambrecht der Rheinischen Post. "Denn das erforderliche Vertrauen in die Zukunftsfähigkeit der Unternehmen braucht eine tragfähige Grundlage", sagte die SPD-Politikerin Lambrecht. Dagegen will die Ministerin die Aussetzung der Antragspflicht bei einer Insolvenz für alle übrigen Unternehmen bis Ende März verlängern.

"Die Corona-Pandemie ist auch in wirtschaftlicher Hinsicht noch nicht ausgestanden. Die weiterhin bestehende Unsicherheit macht auch solchen Unternehmen zu schaffen, bei denen Chancen auf eine dauerhafte Sanierung bestehen", sagte Lambrecht. "Unternehmen, die lediglich überschuldet, aber noch nicht zahlungsunfähig sind, sollen deshalb bis Ende März 2021 Zeit bekommen, um Sanierungs- und Refinanzierungsmöglichkeiten auszuschöpfen", erklärte die SPD-Politikerin. "Darüber hinaus sollen die betroffenen Unternehmen von der Möglichkeit einer präventiven Restrukturierung profitieren können, an der wir mit Hochdruck arbeiten." Sie setze sich für eine "zeitnahe Kabinettsbefassung" der neuen Regelung ein.

Die Bundesregierung hat im Zuge des Corona-Krisenpakets die Insolvenzantragspflicht für Unternehmen bis Ende September 2020 ausgesetzt, um pandemiebedingt überschuldeten Unternehmen mehr Zeit für Sanierungsmaßnahmen und die Beantragung von staatlichen Hilfen zu verschaffen.

Skepsis in der Unionsfraktion

Der rechtspolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion Jan-Marco Luczak will die Insolvenzantragspflicht nicht wie von Bundesjustizministerin Lambrecht vorgeschlagen, verlängern.

"Kein gesundes Unternehmen soll aufgrund der Corona-Pandemie in eine vermeidbare Insolvenz geraten. Dafür haben wir den Unternehmen mit staatlichen Hilfen und mit der Aussetzung der Insolvenzantragspflicht bis Ende September Luft verschafft. Das war gut und richtig", betonte Lambrecht, schränkte aber ein: "Wir dürfen den Selbstreinigungsprozess des Marktes nicht ausschalten. Unternehmen, die unabhängig von Corona nicht gesund sind und keine wirtschaftliche Perspektive haben, müssen aus dem Markt ausscheiden."

Über diese Firmen weiter die schützende Hand des Staates zu halten, sei unangebracht. "Das liegt weder im Interesse aller anderen Marktteilnehmer noch im Interesse der Gläubiger des Unternehmens."

Die Union könne sich eine kurzfristige Verlängerung des Insolvenz-Moratoriums begrenzt auf Fälle der Überschuldung bis zum Jahresende 2020 vorstellen. "Eine Verlängerung bis Ende März des nächsten Jahres wäre hingegen ein völlig falsches Signal an die Wirtschaft", so Lambrecht. "Pandemieunabhängige Insolvenzen dürfen im Interesse der Gläubiger und der Erhaltung gesunder wirtschaftlicher Strukturen nicht verschleppt werden. Auch kann es keine weitere Verordnungsermächtigung für das Ministerium geben, mit der Maßnahmen einseitig bis in den Sommer 2021 gezogen werden könnten. Diese weitreichenden Rechtsfragen gehören in die Hand des Gesetzgebers, also des Bundestages."

Viel wichtiger als die Aussetzung insolvenzrechtlicher Regelungen sei, "dass wir schnell zu Änderungen im materiellen Insolvenzrecht kommen. Unternehmen, die aufgrund der Corona-Pandemie in eine finanzielle Schieflage geraten sind, muss früh und unbürokratisch eine Sanierung ermöglicht und ihnen damit eine echte Fortführungsperspektive gegeben werden." Das entspreche auch den Verabredungen des Koalitionsausschusses vom Juni 2020. "Dort haben wir uns darauf geeinigt, die Einführung eines vorinsolvenzlichen Restrukturierungsverfahrens auf Basis der entsprechenden europäischen Richtlinie vorzuziehen. Der Spielraum für Unternehmen in der Krise würde damit um neue Instrumente erweitert. Hier muss die Ministerin schnell einen Gesetzentwurf vorlegen."

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