Fußball | Bildquelle: pixabay.com

Sicherheitsgipfel in Stuttgart:

Stadionallianzen sollen Risiko für Fußball-Randale senken

Stand: 11.07.17 07:49 Uhr

So genannte "Stadionallianzen" sollen das Konfliktpotential bei Fußballspielen senken. Das ist ein Ergebnis des Sicherheitsgipfels mit dem Innenministerium Baden-Württemberg. Vertreter von Vereinen und Verbänden der ersten fünf Fußballligen, Fanprojekten, Polizei und Justiz sowie der Kommunen haben dabei die Ergebnisse eines zuvor abgehaltenen "Fachtages Fußball" in der Rhein-Neckar-Arena Sinsheim vertieft. Der VfB Stuttgart und die TSG 1899 Hoffenheim starten Pilotprojekte für solche Stadionallianzen.

„In der letzten Fußballsaison mussten wir leider auch Bilder sehen, die mit Sportsgeist nichts zu tun haben. Dagegen müssen wir klare Kante zeigen, dies aber intelligent tun. Deshalb haben wir jetzt auch eine neue Form der Zusammenarbeit begründet: Wir schmieden lokale Stadionallianzen, die auf Vertrauen gründen und die auch im Stress, wenn es einmal darauf ankommt, halten", so Innenminister Thomas Strobl nach dem Fußball-Sicherheitsgipfel in Stuttgart.

Konkret haben Vereine und Sicherheitsbehörden eine deutlich intensivere Zusammenarbeit vereinbart und sich auf die Umsetzung lokaler Stadionallianzen verständigt. „Ziel dieser Stadionallianzen ist es, an einem Strang zu ziehen und mit einer Stimme zu sprechen. Die Aufgabe der Polizei ist klar: So wenig Eingriff wie möglich, aber so viel wie nötig. Das funktioniert aber nur, wenn wir mit allen Sicherheitspartnern vertrauensvoll und vor allem: verbindlich zusammenarbeiten", so Innenminister Thomas Strobl.

Grundlage der Stadionallianzen sind neue, verbindliche Kommunikations- und Entscheidungsstrukturen und damit auch ein angepasstes Vorgehen der Polizei. Dadurch soll Konfliktsituationen minimiert und die Sicherheit maximiert werden.

Den Kern der Stadionallianzen bilden entscheidungsbefugte Verantwortliche aller Sicherheitsakteure, die vor, während und nach einem Spiel gemeinsame Entscheidungen treffen und diese auch nach außen gemeinsam tragen. Dort wird dann zum Beispiel auch entschieden, ob aufkeimende Aggressionen gewaltbereiter Fans besser durch zusätzliche Ordner, Fanbeauftragte oder die Polizei verhindert werden sollen. Wir werden selbstverständlich weiter unsere Verantwortung für die Sicherheit bei Fußballspielen übernehmen. Wir sehen eine große Chance darin, wenn Vereine, Polizei, Sicherheitsbehörden und Fans miteinander kommunizieren und am gleichen Strang ziehen", sagte das Vorstandsmitglied des VfB Stuttgart, Stefan Heim.

Teil dieser Kommunikation ist dabei auch die Definition von „roten Linien". Es würden zukünftig die Grenzen des zulässigen Verhaltens eindeutig definiert. „Wir reichen allen friedlichen Fußballfans die Hand. Möglichst jeder soll ohne Probleme schnell und sicher ein Fußballspiel besuchen können. Werden aber Grenzen überschritten und Straftaten begangen, werden zum Beispiel vom Verein konsequent Hausverbote ausgesprochen", sagte Frank Briel, Geschäftsführer der TSG 1899 Hoffenheim.

Insgesamt gelte aber, dass die Polizei gegen Störer und Chaoten das Heft des Handelns fest in der Hand behält und konsequent gegen Straftäter vorgehen werde. „Die Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung ist staatliche Aufgabe. Bei Hochrisikospielen, von denen wir in der letzten Saison sechs hatten, werden wir mit aller Entschlossenheit und hohem Kräfteansatz gegen die Störer und Chaoten vorgehen", stellte der Innenminister nochmals deutlich heraus. Bei Überschreiten der vereinbarten roten Linien intervenieren Polizei, Behörde und Vereine im Rahmen ihres Handlungsspielraums.

Die Ergebnisse im Überblick:

SPD-Fraktionsvize Sascha Binder hat die Ergebnisse des von Innenminister Strobl (CDU) einberufenen Sicherheitsgipfels zum Fußball als „Kaffeekränzchen ohne handfestes Ergebnis" bezeichnet. „Die Sicherheit in Stadien bleibt für Strobl nur die schönste Nebensache der Welt", sagte Binder. Der Sicherheitsgipfel sei angesichts der Gewalttätigkeiten beim letzten Derby des VfB Stuttgart gegen den Karlsruher SC mit hohen Erwartungen verknüpft gewesen. Bereits die Skepsis und schließlich Absage von Teilen der Fangruppen habe dem Projekt dann einen ersten Dämpfer verpasst. „Der Gipfel hat wirklich konkrete Maßnahmen nicht angepackt, um Straftaten rund um den Fußball zu begegnen und gleichzeitig die Einsatzkräfte der Polizei zu entlasten", kritisierte Binder.

Dass sich die Runde auf sogenannte Stadionallianzen verständigt habe, sei zwar durchaus richtig und löblich. „Wir vermissen bei Innenminister Strobl aber weiterhin die Entschlossenheit, von den Vereinen konkrete Schritte in Sachen Prävention und Sicherheit abzuverlangen, für die bei mangelnder Umsetzung auch Sanktionsmaßnahmen greifen", mahnte Binder mehr Verbindlichkeit in den Abmachungen und eine gemeinsame Zielvereinbarung zwischen Vereinen und dem Land Baden-Württemberg an.

Binder verlangte weitere entschiedene Schritte und verwies auf Elemente aus seinem Zehn-Punkte-Plan für mehr Sicherheit im Fußball, wie etwa Schnellverfahren durch Staatsanwälte und Richter bei Hochrisikospielen, die Verankerung eines Vermummungsverbots in den AGB der Vereine, Kontrolle von Stadionverboten, vorausschauende Spieltagsplanung und die Beteiligung von DFL/DFB/Vereinen an den Kosten für Sicherheitsmaßnahmen, die über das normale Maß an Polizeieinsätzen hinaus gehen.

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