Im Streit um die Abschiebung abgelehnter Asylbewerber nach Afghanistan zwischen der grün-Schwarzen Landesregierung und der Grünen- Fraktion ist jetzt ein Kompromiss erzielt worden. Diese und der grüne Landesvorstand hatten zuvor generell Anstoß an der Beteiligung von Baden- Württemberg an den Sammel-Abschiebungen des Bundes genommen.
Das Land, so der Tenor dort, könne, wegen des Bürgerkriegs und islamistischer Anschläge generell nicht als Sicheres Herkunftsland gelten- auch wenn der Bund dies behaupte. Besonderen Unmut hatte in der Folge erregt, dass die von Landesinnenminister Thomas Strobl vollzogenen Überstellungen an den Bund in zwei Fällen höchstrichterlich gecancelt wurden.
Strobl wies indessen Vorwürfe zurück, das Ministerium habe ideologisch gehandelt, um Abschiebungen unbedingt durchzuführen. Bevor der baden-württembergische Verwaltungsgerichtshof für einen Stopp entschieden habe, habe es in den Vorinstanzen eine andere Einschätzung gegeben. Dass Richter "unterschiedlicher Meinung sind", komme vor.
.Im konkreten Fall hatte der baden-württembergische Verwaltungsgerichtshof eine vorläufigen Abschiebestopp gegen einen Vater zweier minderjähriger Kinder verordnet. Dieser stehe zunächst unter dem Schutz von Ehe und Familie. Demnach hätte im Vorfeld gesichert sein müssen,welche Folgen die Rückführung für die Familie haben könne. Im zweiten Fall war dem Berliner Bundesamt für Migration ein Fehler im Asylverfahren unterlaufen.
Jetzt, nach der Tagung des grün-schwarzen Koalitionsausschusses, gibt es in der Abschiebeprozedur Neuerungen. Das Land hat das mit den Verfahren beauftragte Regierungspräsidium Karlsruhe in Umkehrung der bisherigen Praxis beauftragt, auf abschiebepflichtige Afghanen aktiv zuzugehen - falls bei diesen andere Bedingungen vorliegen, die einen Aufenthaltstitel begründen könnten, so Regierungssprecher Rudi Hoogvliet.
Neu ist auch: Es soll ein erweitertes Ermessen im Fall von Abschiebepflichtigen geben, die durch Ausbildung, Job oder anderes nachweislich bereits gut integriert oder schwer ersetzbar sind. " Wenn die Landkreise und Kommunen uns Hinweise geben wollen, dann dürfen sie das immer gerne tun.", so Innenminister Thomas Strobl. Zuvor hatte es von kommunaler, aber auch Arbeitgeberseite her Klagen über die Abschiebung von Mitarbeitern oder Auszubildenden gegeben.
Baden-Württemberg wird sich laut Strobl zudem zukünftig beim Auswärtigen Amt dafür einsetzen, dass jeder der zurückgeführt wird, eine sichere Betreuung bis zum jeweiligen Bestimmungsort bekomme.
Aus Sicht des grünen Fraktionsvorsitzenden Andreas Schwarz, so sagt dieser, habe die Koalition damit Streit behoben und jetzt „einen Fortschritt im Hinblick für eine humane und pragmatische Flüchtlingspolitik" gemacht.
Zweifel an der Einigung der Regierungsfraktionen kommt indessen von Seiten der Oppositionsparteien. Die Grünen, so SPD-Fraktionschef Andreas Stoch, versuchten "hilflos einen Konflikt zu heilen, bei dem die Auffassung der Koalitionspartner diametral unterschiedlich ist". Aus Sicht des Vorsitzenden der FDP Fraktion Rülke, erlebe die Öffentlichkeit eine "theatralische Inszenierung" bis zum nächsten Streit. Dies schade dem Rechtsstaat und fördere die Politikverdrossenheit.
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