Reutlinger Vesperkirche | Bildquelle: RTF.1

Reutlingen:

Armut, die ein Gesicht bekommt: Reutlinger Vesperkirche ist 20 Jahre alt geworden

Stand: 19.01.17 17:04 Uhr

Immer mehr Menschen nutzen sie. Und sind teilweise gezwungen, sie für eine günstige Mahlzeit nutzen, weil sie arm sind: Die Rede ist von der Reutlinger Vesperkirche in der Citykirche. Einst an der allerersten Vesperkirche in Stuttgart orientiert, hat die Institution mit prominenten Gästen jetzt ihr 20jhriges Jubiläum gefeiert - darunter der evangelische Landesbischof July. 20 Jahre einer Erfolgsgeschichte. Ein Erfolg, der in Zeiten von Vollbeschäftigung und Wohlstand, traurig stimmt und nachdenklich macht.


Mit einem feierlichen Festgottesdienst wurde gefeiert, was mittlerweile bereits seit 20 Jahren besteht, und aus dem Angebot für viele soziale schwache Menschenin der Region  längst nicht mehr wegzudenken ist: Mitte Januar öffnet die ökumenische Nicloai- oder Citykirche für 5 Wochen Türen und wird bis Mitte Februar zur Vesperkirche.

Menschen können dann hier gegen einen symbolischen Betrag ein Essen bekommen. Solche, die es sich anders fast nicht leisten können; aber auch solche die die Aktion Vesperkirche unterstützen oder einfach ein Mittagessen in Gemeinschaft und mit Begegnungen suchen. Die Finanzierung läuft über Spenden und Eigenbeiträge der Gäste.

Eine Erfolgsgeschichte, die gleichzeitig nachdenklich macht. Den Grundgedanken fasste der amtierende Vesperkirchenpfarrer Jörg Mutschler so zusammen: Es gehe um Erbarmen und Mitmenschlichkeit. Dass man ein "neues Herz bekomme, ein fleischernes, statt einem steinernen. Damit wir uns  berühren und bewegen lassen vom Elend anderer Menschen und ihre Sache zu unserer eigenen machen".

Der christlich-biblische Geist des Kampfes gegen Armut und Ungerechtigkeit , die Brüderlichkeit manifestiere sich grade auch in der Solidarität der Vesperkirche, so dann der Ehrengast: der evangelische Bischof der evangelischen Landeskirche in Württemberg, July,  Hier begegneten sich unterschiedlichsten Menschen mit Respekt und Würde.

Die Vesperkirche biete vielen Menschen Heimat und Zuhause. Sie biete zudem die  Möglichkeit der Begegnung, der Beratung, der medizinische Betreuung. "Vesperkirche ist ein Ort der Stärkung an Leib und Seele."

Rund 200 Ehrenamtliche und rund 30 Prozent solidarische Esser sorgen, zusammen mit Spendern, für den Fortbestand. Die Vesperkirche – längst eine unverzichtbare regionale Institution, so die Reutlinger Oberbürgermeisterin Barbara Bosch, die selbst immer wieder zu den solidarischen Essern gehört: "Die Armut bekommt für uns in Reutlingen ein Gesicht", so Bosch. Die Vesperkirche führe ins Bewusstsein, das trotz Vollbeschäftigung und trotz aller positiven Trends " trotzdem noch etwas im Argen liegt".

Das sieht auch der Reutlinger Landrat Thomas Reumann so: Man müsse sich "ehrlich machen". Die Vesperkirche sei "Ausdruck von Armut im Reichtum, von Mangel im Überfluss".usddruck

Die Reutlinger Vesperkirche in der Citykirche ist noch bis zum 12. Februar 2017 zwischen 11 und 15 Uhr geöffnet. Von 11 Uhr 30 bis 14.00 Uhr gibt es Mittagessen.

WERBUNG:



Seitenanzeige: