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Jury:

Unwort des Jahres 2016 ist die Politikerbeschimpfung "Volksverräter"

Stand: 10.01.17 17:54 Uhr

"Volksverräter" ist das Unwort des Jahres 2016. Der Begriff ist laut Jury ein Unwort im Sinne der Kriterien, weil es ein typisches Erbe von Diktaturen, unter anderem der Nationalsozialisten sei. Als "Volksverräter"wurden jüngst vielfach Politiker diffamiert. Für das Jahr 2016 wurden 594 verschiedene Wörter eingeschickt, von denen etwa 60 den Unwort-Kriterien der Jury entsprechen.

Die Jury hatte nach eigenen Angaben sehr lange diskutiert, "ob das Unwort des Jahres 2016 wirklich aus dem plakativen und polemischen Sprachgebrauch stammen sollte, den Angehörige und AnhängerInnen von Pegida, AfD oder ähnlichen Initiativen verwenden" – und eine Einigung auf ein konkretes Wort fiel schwer.

Es sei der Jury auch bewusst, "dass wir mit Volksverräter ein Wort gewählt haben, das sich dem bereits 2014 gewählten Wort Lügenpresse an die Seite stellen lässt. Doch die Einsendungen zeigen, dass sich der Großteil öffentlicher Sprachkritik gegen einen diffamierenden Sprachgebrauch im Themenfeld Migration richtet."

Die Aktion „Unwort des Jahres" versteht sich als eine sprachkritische Initiative, die in einer Zeit, in der der gesellschaftliche Konsens über die Grundprinzipien der Demokratie in Gefahr zu sein scheint, die Grenzen des öffentlich Sagbaren in der Gesellschaft anmahnen sollte.

Es gehe dabei nicht um einen Versuch der Zensur oder Sprachlenkung, sondern darum, für mehr Achtsamkeit im öffentlichen Umgang miteinander zu plädieren. In diesem Jahr wurde daher auch kein anderes Unwort nominiert, "um der mit der Wahl ausgedrückten Kritik an dem derzeit in sozialen Netzwerken, aber auch in der Politik zunehmenden Sprachgebrauch mit faschistischem und fremdenfeindlichem Hintergrund mehr Gewicht zu verleihen".

Volksverräter sei ein Unwort im Sinne der Kriterien, weil es ein typisches Erbe von Diktaturen, unter anderem der Nationalsozialisten ist. "Als Vorwurf gegenüber PolitikerInnen ist das Wort in einer Weise undifferenziert und diffamierend, dass ein solcher Sprachgebrauch das ernsthafte Gespräch und damit die für Demokratie notwendigen Diskussionen in der Gesellschaft abwürgt", so die Jury. Der Wortbestandteil Volk, wie er auch in den im letzten Jahr in die öffentliche Diskussion gebrachten Wörtern völkisch oder Umvolkung gebraucht wird, stehe dabei ähnlich wie im Nationalsozialismus nicht für das Staatsvolk als Ganzes, sondern für eine ethnische Kategorie, die Teile der Bevölkerung ausschließe. Damit sei der Ausdruck zudem antidemokratisch, weil er – um eine Einsendung zu zitieren – „die Gültigkeit der Grundrechte für alle Menschen im Hoheitsgebiet der Bundesrepublik" verneine.

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