Die Verlagerungspläne um das Zollernalbklinikum in Albstadt: Beispielhaft für die derzeitigen Entwicklungen. Um Kosten und Defizite zu senken, war eine Verlegung und Angliederung des Standortes an das rund 20 Kilometer entfernte Zollernalbklinikum in Balingen diskutiert worden. Das führte in Albstadt zu erheblichem Widerstand. Denn dort sieht man die zuverlässige ärztliche Versorgung in Gefahr. Der von Stuttgart initiierte Kompromiss könnte jetzt „aus zwei mach eins" und zwar: in der Mitte - lauten.
Dass von derzeit 250 noch mindestens 50 kleinere, defizitäre Häuser verschwinden sollen, hat Sozialminister Manfred Lucha kürzlich klar gemacht. Es brauche Konzentrationsprozesse hin zu größeren Einheiten. Diese administrativ proklamierte Zahl sieht der Präsident der Deutschen und baden-württembergischen Krankenhausgesellschaft, der Reutlinger Landrat Thomas Reumann hingegen äußerst kritisch .
Die Frage, um die es vor allem gehe, könne weniger an konkreten Zahlen festgemacht werden, so Reumann gegenüber der Klarner-Medien-Gruppe. Geklärt werden müsse vielmehr, wie man den Versorgungsbedarf der Menschen im städtischen und im ländlichen Raum gewährleiste - im Rahmen einer zukunftsfähigen Versorgung, die zudem eine vernünftige Krankenhausstruktur für die Erfordernisse der Zukunft erhalte.
In den letzten 10 Jahren sind im Land pro Jahr 2 bis 3 Standorte geschlossen und ein Prozent der Betten abgebaut worden. Über einen von oben verordneten Schließungsbeschluss funktioniere dies angesichts der zu gewährleistenden Versorgung auch im ländlichen Raum grade nicht. Vielmehr brauche man eine vernünftige Balance "zwischen einer wohnortnahen Grundversorgung einerseits und der notwendigen Spezialisierung auf der anderen Seite", so Reumann. Zu berücksichtigen sei hier, dass momentan jeder zweite niedergelassene Hausarzt keinen Nachfolger mehr finde.
Konkret bedeute dies, dass man differenzieren müsse: Dinge wie Schlaganfall- oder Krebsbehandlungen müssten in spezialisierte Häuser. Hochleistungsmedizin im Gegenzug an Uni-Standorten wie Tübingen oder in das größte Kreisklinikum
Spezialisierungen an Standorten, um so möglichst viele zu erhalten und damit relativ flächendeckend nahe medizinische Anlaufstellen bereitzustellen: mit diesem Modell- Konzept hat Reumann als Reutlinger Landrat dort ein Kliniksterben verhindert. Indem drei Krankenhäuser ein Verbund wurden: Das Ermstalklinikum Bad Urach und die Reutlinger Kreisklinik ist abrechnungstechnisch ein Krankenhaus. Es ist deshalb also egal, wo die Patienten liegen. Münsingen und Bad Urach sind spezialisiert :Der erstere ist eine Schmerzklinik. Der zweite hat den Schwerpunkt Altersmedizin. Spezialbehandlungen wie Onkologie und Schlaganfall gibt es am Reutlinger Klinikum am Steinenberg.
Das Konzept erweist sich als zukunftsfähig: vorher tief defizitäre Strukturen können jetzt mit permanent steigenden Patienten- und Belegungszahlen reüssieren. Das ziel sei dabei klar, so Reumann: ab 2018 soll es "die schwarze Null geben". In den Folgejahren sollen dann Abschreibungen erwirtschaftet werden. Dieser Reutlinger Weg funktioniere, weil die Angebote der Kliniken auch bei Menschen außerhalb des Landkreises gut annehmen.
Dem Zahlen-Vorstoß des baden-württemgischen Sozialministers Manfred Lucha stellt Reumann zudem auch die absehbare demographische Entwicklung entgegen. Immer mehr ältere und kranke Menschen werden zukünftig dann auch wieder mehr Bettenplätze brauchen.
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