Der Medizinproduktehersteller hat im Mai 2016 eine einstweilige Verfügung beim Landgericht Berlin erwirkt (AZ.: 27 O 200/16), wonach die „namentliche Nennung unserer Mandantin (...) und/oder des Vertriebsweges (...)" auf dem angekündigten Poster untersagt ist. „Wir haben aufgrund dieses rechtlichen Vorgehens die Namensnennungen auf dem Poster entfernt, das die Testergebnisse auf dem Diabetes Kongress 2016 in wissenschaftlich korrekter Form darstellte", berichtet Dr. med. Guido Freckmann, Geschäftsführer des IDT. Sein Institut will jetzt Widerspruch gegen die einstweilige Verfügung einlegen, die Zuwiderhandlungen mit einem Ordnungsgeld von 250.000 Euro oder einer Ordnungshaft von bis zu sechs Monaten ahndet.
Hintergrund der rechtlichen Auseinandersetzung: Das IDT hatte zu Jahresbeginn auf eigene Initiative hin eine Charge von Blutzucker-Messstreifen einer Blutzucker-Messgeräte- und Teststreifen-Firma geprüft, die über einen großen Discounter vertrieben wurden. „Wir haben eine Teststreifencharge des Messsystems nach der zutreffenden Norm ISO 15197 getestet", berichtet Freckmann. „Das IDT ist ein akkreditiertes Prüflabor, das alle Messungen nach höchsten wissenschaftlichen Standards durchführt."
Doch die Tests mit den Blutzucker-Messstreifen aus dem Discounter fielen in Bezug auf die erforderliche Genauigkeit mangelhaft aus. „Besonders im niedrigen Blutzuckerbereich lagen die Messwerte deutlich zu hoch und waren geeignet, eine drohende Unterzuckerung zu verschleiern", erläutert Professor Dr. Lutz Heinemann, Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft Diabetes und Technologie der DDG. Die Produkte hatten Werte angegeben, die im Durchschnitt um 16 Prozent überhöht waren. „Dies stellt eine Patientengefährdung dar, beispielsweise wenn der Patient eine Autofahrt beginnen möchte", erläutert der DDG Experte.
Die Testergebnisse meldete das IDT pflichtgemäß an den Hersteller, Ende März 2016 auch an das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM). Eine Information der betroffenen Patienten erfolgte bislang nicht. „Leider hat der Hersteller nicht die Konsequenz gezogen, einen Rückruf zu starten", bedauert Dr. Dietrich Garlichs, Geschäftsführer der DDG. Das müsste nach Ansicht der DDG Experten jedoch umgehend passieren. Stattdessen hat der Hersteller rechtliche Mittel eingelegt – mit der Begründung, die Testung nur einer Charge sei nicht ausreichend, es müssten drei Chargen überprüft werden. „Das ist nicht korrekt", erklärt Heinemann. „Nach derzeit noch geltender ISO-Norm der Europäischen Union reicht eine Charge, um die auf dem Markt deklarierte Leistung zu überprüfen."
„Hier geht es offenbar um Marktmacht", bilanziert DDG Präsident Gallwitz. „Das ist insofern skandalös, als die Sicherheit der Patienten dem Kommerz geopfert wird." Besonders bedauerlich in diesem Zusammenhang sei, dass das BfArM bislang nicht eingeschritten ist. „Das BfArM muss als Aufsichtsbehörde seine Kontrollfunktion wahrnehmen", betont Garlichs. „Auf die Selbstkontrolle der Medizinproduktehersteller ist nicht immer Verlass, wie dieser Fall einmal mehr zeigt." Die DDG hofft, dass der Discounter ein größeres Interesse hat, die gesundheitliche Sicherheit seiner Kunden zu schützen.
Leichter Regen 12 / 14° C Luftfeuchte: 93% |
Leichter Regen 15 / 16° C Luftfeuchte: 97% |
Leichter Regen 11 / 14° C Luftfeuchte: 96% |