Kommunalwahl: Auszählung der Stimmen | Bildquelle: RTF.1

Region Neckar-Alb:

Die Nacht der Sieger und Verlierer

Stand: 27.05.14 20:02 Uhr

In Tübingen ist die grün-rote Ratsmehrheit verloren. Die Tübinger Liste holte aus dem Stand knapp 13 Prozent und fünf Sitze. Das ist die größte Sensation nach den gestrigen Auszählungen der Kommunalwahlen. In Tübingen sind auch die Piraten und die Satire-Partei „Die PARTEI“ im Gemeinderat mit je einem Sitz vertreten.

Top-Stimmung bei der SPD in Rottenburg. Die Sozialdemokraten haben dort bei den Prozenten zugelegt. In Reutlingen hat die SPD dagegen einen Sitz verloren, in Tübingen das Ergebnis gehalten. Die SPD in Balingen war in Feierlaune. Auch hier gab es Zuwächse. "Ich glaube die Bürgerinnen und Bürger wünschen sich eine starke SPD-Fraktion, und wir wollen da anknüpfen, wo wir seit knapp 150 Jahren hier in der Region Politik machen", sagte der SPD-Kreisvorsitzende im Zollernalbkreis Alexander Maute.

Auch die Grünen waren in Feierstimmung – zumindest in Rottenburg, in Balingen und auch in Reutlingen. Hier vergrößert sich die Fraktion von zuletzt vier auf sieben Sitze. "Wenn man bedenkt, dass das Ergebnis für die Europawahl schlechter war, haben wir noch was drauf gesattelt, und das nehmen wir schon für uns in Anspruch, dass das was mit unserer kommunalpolitischen Arbeit zu tun hat", sagte Rainer Buck, Fraktionssprecher der Reutlinger Grünen und Unabhängigen. Das Erfolgsrezept: eine Mischung aus kritisch-konstruktiver Haltung gegenüber der Verwaltung und inhaltlicher Arbeit. In Tübingen dagegen gedrückte Stimmung. Zwei Sitze weg, die grün-rote Mehrheit verschwunden.

Zünglein an der Waage könnte jetzt die parteiunabhängige Tübinger Liste sein. Die ist jetzt auf Anhieb mit fünf Sitzen im Rat vertreten. Die neuen Ratsverhältnisse sehen sie als Vorteil. "Wenn nicht zwei Fraktionen glauben, sie hätten von vorne herein die Mehrheit, wird das sehr viel einfacher. Wir werden sehr normal wie vernünftige Menschen miteinander reden, und wir werden ganz vernünftige Kompromisse hinbringen", sagte der Fraktionsvorsitzende Ernst Gumrich. "Nach fünf Jahren denkt Tübingen: Das haben wir gebraucht."

Auch die Tübinger Piraten haben sich erstmals einer Gemeinderatswahl gestellt. Zwar waren sie vorher schon im Rat vertreten, allerdings aus Neugründung aus einer anderen Fraktion heraus. "Obwohl wir nicht mehr eine Fraktion bilden können, bin ich nicht so enttäuscht", sagte der bisherige Fraktionsvorsitzende Jürgen Steinhilber. "Immerhin haben wir eine Person in den Gemeinderat bekommen." Er sehe das als Bestätigung seiner Politik.

Ganz und gar nicht enttäuscht waren auch die Jungen Aktiven in Rottenburg – diesmal zum zweiten Mal dabei – und trotz einer Verkleinerung des Rats wieder mit drei Sitzen. "Ich glaube wir haben gewonnen, weil die Leute gesehen haben dass in den letzten 5 Jahren konstante Politik der jungen Leute gemacht haben", sagte der Fraktionsvorsitzende David Prakash. "Und dabei haben wir auch nachhaltige Politik vor allem im Finanzbereich gemacht, aber auch Möglichkeiten für junge Leute geäußert, zum Beispiel die Belebung des Schänzles."

Auch die Freien Wähler in Reutlingen haben nach diesem Wahlergebnis keinen Grund, traurig zu sein. Denn immerhin haben sie so viele Stimmen erhalten, dass sie auch im neuen Gemeinderat der Achalmstadt wieder sechs Sitze besetzen dürfen. "Man hat ja immer die stille Hoffnung, dass den ein oder anderen Platz mehr gäbe", sagte Hans Hubert Krämer. "Das war diesmal nicht drin. Wir führen das darauf zurück, dass die Wahlbeteiligung so gering war." Tatsächlich lag die Wahlbeteiligung für die Gemeinderatswahl bei nur 38,9 Prozent in der Achalmstadt.

Allen Grund die Sektkorken knallen zu lassen, hatte derweil die Reutlinger CDU. Denn trotz niedriger Wahlbeteiligung, haben die Christdemokraten 28,9 Prozent erreicht – und damit drei Prozent mehr als noch 2009. Das macht 11 Sitze im neuen Gemeinderat. "Das ist in dieser Situation ein hervorragendes Ergebnis", sagte die CDU-Kreisvorsitzende Gabriele Gaiser. "Aber das neue Wahlrecht hat uns voll erwischt. Das bedeutet eine Stärkung der kleinen Parteien und auf Kosten von Großen." Ein kleiner Wehmutstropfen, der allerdings nicht die Feierlaune verderben konnte. Auch nicht den Rottenburger Christdemokraten, deren Sitzanzahl von 14 auf 11 schrumpfte – und das trotz eines Stimmenzuwachses von 2,1 Prozent. Feucht fröhlich war auch die Stimmung bei der Balinger CDU. Mit 29,9 Prozent sind sie wieder die stärkste Kraft im Gemeinderat. Neun Sitze dürfen Sie jetzt belegen – auch bei ihnen machte sich das neue Wahlrecht durch einen Platz weniger bemerkbar.

Keinen Grund zu feiern hatte dagegen die FDP Tübingen. Die Talfahrt geht weiter – auch kommunal: Nur noch 4,6 Prozent und drei Sitze. Dabei stünden die Liberalen doch eigentlich für Themen von Interesse für viele Menschen: "Das seltsame Phänomen, dass im Einzelgespräch und bei engagierten Leuten zum Beispiel Bürgerrechte und Datenschutz eine große Rolle spielen, aber das setzt sich dann aus bestimmten Gründen, die ich jetzt nicht ganz ermessen kann, nicht in Wahlergebnisse um", sagte Dr. Kurt Sütterlin von der FDP Tübingen. Gedrückte Stimmung auch bei der Reutlinger FDP. Von ehemals 10,9 Prozent gings runter auf 6,3 Prozent. Ein bitteres Ergebnis, aber kein Grund das Totenglöckchen zu läuten. Im Gegenteil: Angesichts der Verluste auf Bundes- und Landesebene müsse die FDP jetzt in den Gemeinde- und Stadträten Gas geben.

Große Enttäuschung bei der Linken in Balingen. Die Kreistagswahlen im Zollernalbkreis endeten mit einem um 0,1 Prozent schlechteren Ergebnis als 2009. 1,8 Prozent – damit könne man nicht zufrieden sein: Der Kommissarische Kreisvorsitzende der Linken Zollernalb sagte: "Eindeutig ist es uns nicht gelungen, diejenigen Leute, mit denen wir auch im Vorfeld zu tun hatten, nämlich Leute, die nicht auf der Sonnenseite des Lebens daher schwimmen, auch dazu zu bringen, zur Wahl zu gehen." Zumindest ein bißchen besser ging die Gemeinderatswahl für die Reutlinger Linke aus: Von 4,5 gings auf 5,7 Prozent. Damit sitzen künftig zwei Linke im Gemeinderat der Achalmstadt. Große Überraschung dafür bei der Linken in Rottenburg: 6,1 Prozent und damit zwei Sitze, gab es für die Partei bei der Gemeinderatswahl in der Bischofsstadt. Das jetzt stärker gewordene Stimmgewicht, wollen die Linken nutzen um beispielsweise etwas an der Wohnungsproblematik und der zu geringen Bezahlung von Erzieherinnen zu ändern.
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