Landesparteitag B90/Grüne | Bildquelle: RTF.1

Reutlingen:

Die Grünen als Antwort einer pluralisierenden Gesellschaft?

Stand: 13.12.15 16:29 Uhr

Gestern und heute haben die baden-württembergischen Grünen in Reutlingen getagt. Mit ihrem hier vorgestellten Parteiprogramm wollen sie die kommende Landtagswahl für sich entscheiden. Dabei setzt die Partei vor allem auch auf den amtierenden Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann, der sich über die Parteien hinaus großer Beliebtheit erfreut. Als grüner Spitzenkandidat war er beim Landesparteitag natürlich auch mit von der Partie.


Standing Ovations am Schluss einer etwa dreiviertelstündigen Rede des baden-württembergischen Ministerpräsidenten und Spitzenkandidaten der Grünen. Winfried Kretschmann hatte zuvor mit einer Erfolgs-Bilanz aus fünf Jahren Regierungszeit begonnen. Nationalpark Schwarzwald, Gemeinschaftsschulen, Abschaffung der Studiengebühren, neue Kita-Plätze und Windräder – und das alles bei viermal Nullverschuldung.  "Die schwäbische Hausfrau als solche hat ja kein Parteibuch", so Kretschmann, "aber über den Umgang mit ihrem Steuergeld musste sie sich in der CDU-Regierungszeit schon regelmäßig ärgern. Wir Grünen geben ihr jedenfalls eine Hoffnung eine neue politische Heimat. "
 
Die CDU, so Kretschmann, habe in der Vergangenheit das Land durchaus gut geführt. Es habe kluge Köpfe wie Lothar Späth und Erwin Teufel gegeben, und die ehemalige Regierungspartei habe lange Zeit ein gutes Gespür für Menschen gehabt.

Doch die Zeiten änderten sich.  "Es gibt viele unterschiedliche Millieus und Lebensmodelle", sagte der Ministerpräsident. "Es gibt Heteros, Schwule, Lesben, traditionelle Familien, Alleinerziehende, Patchwork-Familien, heute gibt’s Christen, Muslime, Juden und Säkulare, es gibt Trachtenjäger und Hipster, es gibt passionierte Jäger, aber auch ambitionierte Naturschützer." Die Gesellschaft pluralisiere sich immer stärker. Trotzdem alle diese unterschiedlichen Menschen zu integrieren und das zum Erfolg zu führen, das sei die Aufgabe der Zukunft. Eine Aufgabe, der sich die Grünen gewachsen fühlen.

"Sicherheit und Freiheit, Ordnung und Offenheit, Leistung und Solidarität in einer Welt mit solch großen Unterschieden auszubalancieren, das ist heute die Aufgabe", sagte Kretschmann.  Dieses Sowohl-als-auch wollen die Grünen auch in der Wirtschaftspolitik durchsetzen – hier insbesondere bei den Freihandelsabkommen wie TTIP und CETA. "Wir treten dafür ein, die Globalisierung positiv zu gestalten, Handelsabkommen wie TTIP müssen der Wirtschaft UND den Menschen nutzen, und deswegen treten wir für klare ökologische Mindest-Standards und rechtsstaatliche Regeln ein", so Kretschmann.
 
Neben einem klaren Bekenntnis zu mehr direkter Demokratie äußerte sich Kretschmann auch klar zur Bildungsgerechtigkeit. Der Bildungserfolg solle nicht an die Herkunft gekoppelt sein. Deshalb wolle Kretschmann am zweisäuligen Bildungssystem und auch an G acht festhalten. Es sei wichtig, das Gymnasium zu erhalten, denn in anderen Ländern würden die gesellschaftlichen Eliten hauptsächlich in Privatschulen gehen.

"Es gehört zu den ganz großen Vorzügen unserer Gesellschaft und unseres Bildungswesens, dass bei uns alle Menschen in öffentliche Schulen gehen – auch Schulen in freier Trägerschaft zähle ich durchaus dazu bei uns – das ist für den Zusammenhalt in dieser Gesellschaft ein unermesslicher Wert, und deswegen werden wir daran festhalten", sagte Kretschmann. Die Grünen beschlossen ihr Programm für die Landtagswahl einstimmig. Darunter unter anderem eine Direktwahl der Landräte und zwei Stimmen bei der Landtagswahl.

Von der CDU kommt derweil Kritik am Parteitag. Die Grünen hätten außer Kretschmann personell und inhaltlich nichts auf der Pfanne, so Generalsekretärin Katrin Schütz und Wahlkampfleiter Thorsten Frei. Außerdem stünden die Grünen dafür, die Menschen zu gängeln und zu bevormunden. Die grüne Verkehrspolitik sei die baden-württembergische Version des Veggie Days: Die Menschen sollten zu ihrem Glück gezwungen werden. Auch zur Direktwahl der Landräte äußerte sich die CDU kritisch: Der Landrat werde als Verwaltungschef gewählt, nicht als Regierungschef. In anderen Ländern sei die Wahlbeteiligung bei Landrats-Direktwahlen extrem niedrig. Schleswig-Holstein hätte sie deshalb wieder abgeschafft.

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