Pressekonferenz zu Flüchtlingen | Bildquelle: RTF.1

Reutlingen:

Anschlussunterbringung für Flüchtlinge - mehr sozialer Wohnungsbau nötig

Stand: 30.09.15 17:23 Uhr

Wenn die Flüchtlinge die Landeserstaufnahmestellen verlassen und ihr Antrag auf Asyl genehmigt worden ist, ist es an der Kommune für ihre Anschlussunterbringung zu sorgen - für das nächste Jahr rechnet die Stadt Reutlingen dabei mit rund 870 Fällen plus Familienangehörigen. Bezahlbare Wohnungen müssen her - doch nicht nur für die Flüchtlinge, auch für die Bevölkerung. Stünden Flüchtlinge in Konkurrenz zur einkommensschwachen Bevölkerung - dann könnte die Stimmung in der Bevölkerung kippen.


Damit das nicht passiert, müssen ausreichend bezahlbare Wohnungen her und diese Kosten – für die Kommunen allein sind diese Kosten nicht tragbar. Bund und Land sollten zum Thema Anschlussunterbringung endlich tätig werden – so der Tenor auf einem Pressegespräch, zu dem ehrenamtliche Flüchtlingshelfer eingeladen haben. Sie alle wollen aber nicht warten, bis von „oben" was passiert – sie appellieren an die Bevölkerung Wohnungen freiwillig zur Verfügung zu stellen. Unternehmerin Susanne Schöpfer will als gutes Beispiel vorangehen – Sie hat Wohnungen für drei Flüchtlinge aus Syrien zur Verfügung gestellt.

"Ich will nicht warten auf Berlin, ich will nicht auf politische Entscheidungen warten. Für mich war entscheidend , dass wir die Menschen die heute hier in unserer Stadt sind , dass wir die aus der Bürgerschaft heraus unterstützen, weil ich möchte nicht zuschauen, dass Menschen, die ihr Umfeld verloren haben, an diesem Ankommen in Deutschland verzweifeln und resignieren."

Verzweiflung, fehlende Arbeit, Langeweile – vielerorts Treiber für Auseinandersetzungen zwischen Flüchtlingen in Aufnahmelagern. Asyl bedeute mehr, als ein Dach über dem Kopf: Vermittlung von Sprachkenntnisse , soziale Betreuung und Arbeit sind die besten Mittel zu Integration. Das alles zu finanzieren kostet: die Stadt Reutlingen veranschlagt dafür im nächsten Jahr über 1,5 Millionen Euro. An vielen Orten in der Stadt sollen nun neue Unterkünfte für die Anschlussunterbringung entstehen – aber reicht das?

„Wenn wir die die Flüchtlingsproblematik für den Moment ausblenden, dann haben wir trotzdem Wohnungsknappheit – die ist nicht bereinigt und spätestens wenn die Flüchtlinge in die Anschlussunterbringung kommen dann konkurrieren sie. Der sozialer Brennstoff der darin steckt, ist ziemlich gewaltig.", so Thomas Keck, GF deutscher Mieterbund RT-TÜ. e.V.

Bereits jetzt stünden 1000 Leute auf der Warteliste der Wohnungsgesellschaft Reutlingen, erklärt Thomas Keck weiter. Auf private Bauherren könne also nicht verzichtet werden – sie könnten mit Steuervorteilen gelockt werden. Orientiert am Mikrozensus von 2011 müssten in Reutlingen über 1000 Wohnung leerstehend – Stichwort „Zweckentfremdungsverbot" - eingeführt von der grün-rot Landesregierung. Wenn Wohnungen grundlos länger als ein halbes Jahr leerstehen, können Kommunen ein Bußgeld verhängen – lediglich eine Satzung müsse dafür erlassen werden.

- Doch all das müssen Bund, Länder und Gemeinden regeln. Währenddessen sind die zahlreichen ehrenamtlichen Helfer weiter vor Ort aktiv.


 „Ich mach die Erfahrung, dass die Flüchtlingsarbeit eine sehr intensive Arbeit , eine sehr bereichernde Arbeit ist, dass der Kontakt mit den „fremden Menschen" ist was , wo ich jeden Tag lerne, jeden Tag auch beglückt bin, auf der anderen Seite: was notwendig ist, was zu tun ist, stößt man dann aber auch an Grenzen sehr schnell.", so Eberhard Schützt, Diakon


Wo Einheimische schon an Behörden und Bürokratie scheitern – wie sollen dann Flüchtlinge sich darin zurechtfinden? Das ehrenamtliche Engagement ist groß, aber es ist nicht die Lösung für alles. Ehrenamt darf nicht überfordert werden, heißt es hier auf dem Pressegespräch. Aus ihrer Sicht sind jetzt Bund und Länder am Zug.

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