Thomas Reumann und Nils Schmid | Bildquelle: RTF.1

Reutlingen:

"Im Krisenmodus angekommen": Landrat und Bürgermeister schildern stellvertretendem Ministerpräsidenten Lage bei der Unterbringung

Stand: 05.09.15 22:37 Uhr

Angesichts der noch immer anschwellenden Flüchtlingsströme hat der Reutlinger Landrat Thomas Reumann vom Land und Bund gefordert, ihren jeweiligen Aufgaben besser und schneller nachzukommen und mehr Geld für Bau-Programme zur Verfügung zu stellen - auch um eine generelle Zuspitzung auf dem Wohnungsmarkt zu verhindern. Landkreise und Kommunen arbeiteten längst im Krisenmodus. Hintergrund war ein Besuch des stellvertretenden baden-württembergischen Ministerpräsidenten Nils Schmid in der zur Flüchtlingsunterkunft umgebauten Ypern-Kaserne in Reutlingen.


Vor Ort-Termin des stellvertretenden baden-württtembegischen Ministerpräsidenten Nils Schmid in Reutlingen: Mit dem schnellen Ausbau eines lange verlassenen Gebäudes der ehemalig französischen Ypern-Kaserne versuchen Landkreis und Stadt, wie überall landesweit auch anderswo, der Unterbringung permanent steigender Zahlen an zugewiesenen Flüchtlingen derzeit Herr zu werden.

135 Flüchtlinge sind derzeit dort vom Landkreis und der Stadt im Rahmen der verpflichtenden Erst- und Anschluss-Unterbringung bereits untergebracht. Im Schnellverfahren hatte die klamme Stadt im Mai 800 000 Euro für den schnellen Umbau für 180 Plätze freigemacht; jetzt aber muss Reutlingen- so der dortige Finanzbürgermeisteter Kreher- bereits monatlich 60 zusätzliche Flüchtlinge versorgen. Und rechnet jetzt schon mit weiteren 290 benötigten Plätzen. Nicht anders die Situation im Landkreis: Dieser bekommt nach ursprünglich 80, dann 140 und später 240 jetzt mittlerweile 350 erst-ankommende Asylbewerber im Monat zugewiesen.

Laut dem Reutlinger Landrat Thomas Reumann arbeite man auf allen Ebenen längst im Krisenmodus:
man habe derzeit 1600 Plätze und davonseien 1400 belegt. Wenn man jetzt davon ausgehen, "dass wir im Monat 350 zusätzliche Flüchtlinge im Monat bekommen, dann wird klar, dass wir noch in diesem Jahr etwa 500 Plätze zusätzlich schaffen müssen. Wir sind längst dazu übergegangen auch Notunterkünfte bereitzustellen".

Theoretisch sollen die Erst-Ankommende zwar nur drei Monate in den Unterkünften verbleiben, um auf Registrierung, Untersuchungen und den Abschluss ihres Asylverfahrens zu warten. Faktisch aber dauern die Verfahren Schnitt mindestens 5,4 Monate. Und manchmal auch schon mal zwei Jahre und mehr . Denn auch die zentralen Landeserstaufnahmestellen, die das eigentlich gewährleisten sollen, sind mehrfach überbelegt und überlastet. Auch die Anschlussunterbringung akzeptierter Asylbewerber, die als temporäre Übergangsstellen in Job-Verhältnisse und private Wohnungen fungieren sollen, stellen sich auf teils jahrelange Verbleibe-Zeiten ein.

Der Reutlinger Landrat hat deshalb Forderungen an Stuttgart: es brauch entsprechende Unterbringungs-kapazitäten; zudem müssten alle administrativen Vorgänge einschliesslich dem endgültigen Entscheid über das Asylverfahren bei den Erstankommendenen auch tatsächlich in den Erstaufnahmestellen erledigt werden; des weiteren brauche es Wohnraumförderungsprogramme "seitens des Landes."

Neben den Plätzen hier werden deshalb derzeit 350 Plätze im "Alten französischen Lager in Münsingen, einer ehemaligen Kaserne, geschaffen. Auch die kirchen helfen teils mit Gebäuden aus.

Doch das alles reiche nicht, so Reumann. So habe man als Landkreis die Turnhalle des Beruschulzentrums Reutlingen zur Verfügung gestellt. Und die werde man im Laufe des Septembers mit rund 120 Menschen belegen müssen. Generell werde man alles dafür tun, dass es keine ZHeltstädte brauche.

Auch Gewerbeimmobilien – hier hat das Land die entsprechende Verordnung bereits befristet geändert – sind jetzt neben Wohngebäuden im Fokus. Trotzdem – so Reumann – werde man das Unterbringungsproblem und die damit verbundene Verknappung des schon raren Wohnraums für Einkommensschwache – langfristig nur mit massiven geförderten Bauprogrammen stemmen. Das Land hat auf allen Feldern noch mehr Hilfe zugesagt. Im Rahmen des Möglichen.

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