"In Reutlingen hat es natürlich eine besondere Bedeutung, denn Reutlingen war eine der ersten Städte in Deutschland, die die Reformation eingeführt hat," erläutert Prälat Schoch. "Hier in Reutlingen, 1524, mit dem Abendmahl in beiderlei Gestalt. Matthäus Alber hat das hier als Reformator eingeführt."
Matthäus Alber war ein Theologe, der ursprünglich aus Reutlingen stammte. Nach seinem Studium, in dem er Martin Luthers Schriften gelesen hatte, kehrte er nach Hause zurück. Hier begann er in der Marienkirche auf deutsch zu predigen. Bei seinem Abendmahl am 14. August 1524 reichte er den Kelch zum ersten Mal auch an Laien, nicht nur an Kleriker. Nur 20 Bürger trauten sich damals zu trinken, doch dieser Traditionsbruch war nur der erste von vielen.
"Und so ist der Gedanke der Reformation eben hier auch in die freie Reichsstadt nach Reutlingen gekommen," führt Prälat Schoch aus. "Und ist so weit gekommen, dass die Bürger auch sich verpflichtet haben bei dieser Lehre des Evangeliums zu bleiben und Matthäus Alber verteidigt haben, auch als er von Kaiser und von den kirchlichen Obrigkeiten angegriffen wurde."
Auch heute noch wird jedes Jahr am Reformationstag ein Gottesdienst in der Marienkirche abgehalten. Hier wird nicht nur ein besonderer Tag oder eine wichtige Ära gefeiert, sondern auch das Gedankengut, der hinter der Reformation stand. Während Kritik an der damaligen Ablasspolitik den Ball ins Rollen brachte, sahen die Reformatoren in der Kirche an vielen Stellen Änderungsbedarf.
"Das Thema der Reformation ganz allgemein ist ja zu sagen 'Zurück zu den Wurzeln.' Zu dem, was uns bestimmt, zu den Quellen, woraus wir schöpfen," meint Schoch. "Denn es gab in der damaligen Zeit so viele Traditionen, die den Anfang überwuchert haben, dass man das Ursprüngliche kaum noch entdeckt hat. Und so war die Idee der Reformation eben wieder zurückzugehen, zu dem, was die Quellen sind. Was wir in der Bibel finden."
Der Gedanke des Reformationstages ist laut dem Prälat auch heute noch sehr relevant. Eine Lehre der Reformation sei, dass jeder mit seinem Glauben direkt vor Gott stünde. Dass es keine Vermittler bräuchte, die Gottes Willen erklären. Jeder Christ könne mit seinem Glauben selbst direkt zu den Wurzeln zurückkehren.
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