Jan Böhmermann | Bildquelle: Screenshot Youtube

Wegen "Schmähgedicht":

Türkischer Staatspräsident Erdogan stellt Strafantrag gegen Moderator Böhmermann

Stand: 11.04.16 20:59 Uhr

Der türkische Staatspräsident Erdogan hat bei der Staatsanwaltschaft Mainz Strafantrag gegen den Moderator Jan Böhmermann gestellt. Dieser hatte in seiner Sendung Neo Magazin Royale auf ZDF Neo ein Schmähgedicht über Erdogan vorgetragen. Der Politiker fühlt sich beleidigt. Kabarettist Dieter Hallervorden sprang Böhmermann zur Seite.

Die Staatsanwaltschaft Mainz teilte mit, dass ein entsprechender Strafantrag nach § 194 Strafgesetzbuch wegen Beleidigung (§ 185 Strafgesetzbuch) eingegangen ist. Gegenstand des durch eine Rechtsanwaltskanzlei gestellten Strafantrages ist das öffentlich vorgetragene "Schmähgedicht", das in der Sendung "ZDF Neo Royale" am 31.3.2016 ausgestrahlt worden ist. Die Beleidigung eines ausländischen Staatsoberhaupts kann nach Paragraph 103 des Strafgesetzbuches mit bis zu drei Jahren Gefängnis geahndet werden, wenn die Beleidigung in verleumderischer Absicht erfolgt, sogar mit bis zu fünf Jahren.

Der Strafantrag wird in dem bereits anhängigen Verfahren wegen Angriffs gegen Organe und Vertreter ausländischer Staaten (§ 103 Strafgesetzbuch) geprüft werden, so die Justizbehörde.

Das Schmähgedicht mit einigen vulgären Zeilen kritisierte Erdogans Umgang mit den Medien in der Türkei. Das ZDF ließ es nachträglich aus der Sendung schneiden, die in der Mediathek veröffentlicht war. Begründung: Es erfülle nicht die ZDF-Qualitätsstandards für Satire. Zuvor hatte schon ein kritisches Video der NDR-Satiresendung Extra3 über Erdogans Verständnis von Pressefreiheit für Aufsehen gesorgt. Hier kam man dem türkischen Wunsch auf Löschung aber nicht nach.

Das Auswärtige Amt war in einer internen juristischen Prüfung nach der Sendung zu dem Schluss gekommen, dass sich der ZDF-Moderator Böhmermann mit seinem Schmähgedicht auf den türkischen Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdogan höchst wahrscheinlich strafbar gemacht hat. Sie wurde nach Informationen des Berliner "Tagesspiegel" noch vor dem Telefonat von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) mit dem türkischen Premierminister Ahmet Davutoglu am Sonntag in Auftrag gegeben. Mit der kurzfristigen Prüfung, deren Ergebnis am Sonntag in einer Krisensitzung im Ministerium vorgestellt wurde, reagierte das Auswärtige Amt auf den erheblichen Unmut, den Böhmermanns Erdogan-Kritik in der türkischen Regierung ausgelöst hatte. Der ZDF-Moderator und Satiriker hatte Erdogan unter anderem als "Ziegenficker" geschmäht.

Auch der Berliner Schauspieler und Kabarettist Dieter Hallervorden hat sich in die Diskussion um Jan Böhmermann eingeschaltet. Hallervorden veröffentlichte am Sonntagabend auf seiner Facebook-Seite einen Song, in dem er den türkischen Staatspräsidenten Erdogan unter anderem als "Terroristen" bezeichnet.

Dieter Hallervorden sagte dazu am Montag dem rbb: "Wir leben in einem Land, in dem noch Meinungsfreiheit herrscht. Und wenn man eine politische Überzeugung hat, dann sollte man die auch äußern. Das ist ja nicht mein erster Song, ich habe auch in dem VW-Skandal und bei anderen Dingen auch meine Meinung geäußert. Ich achte nicht in erster Linie auf Vorteile, die dabei für mich rausspringen könnten, sondern es macht mir einfach Spaß, zu meiner Meinung zu stehen.

Hallervorden sagte weiter, er stelle sich mit dem Song auf die Seite der angegriffenen Satiriker-Kollegen Jan Böhmermann und des NDR-Satiremagazins Extra 3. "Ich finde, es steht einem ausländischen Staatsoberhaupt nicht zu, zu bestimmen, wie weit die Meinungsfreiheit und speziell die Satire in Deutschland zu gehen hat. Das sollten wir selbst bestimmen dürfen."

radioBERLIN 88 8 fragte Hallervorden, wie er es beurteile, dass Böhmermann in seinem umstrittenen Gedicht Erdogan unter anderem als "Ziegenficker" bezeichnet habe. Hallervorden: "Das ist der persönliche Geschmack von Herrn Böhmermann. Ich habe solche Worte bewusst vermieden, weil es mir um die Sache geht und nicht um Beleidigungen."

Erdogan drehe das Rad zurück. Jetzt werde dort die Religion über alles gestellt. Die Türkei sei kein Staat mehr, der seinen Vorstellungen von Demokratie und Freiheit in seinen Grundstrukturen entspreche, so Hallervorden.

Dieter Hallervorden ist der Meinung, die Bundesregierung mache sich mit dem Fall Böhmermann lächerlich. "Man sollte die ganze Sache tiefer hängen und keinen Sturm im Wasserglas erzeugen."

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